sydnEySCAPE 2016: Aufhören wenn’s am schönsten ist? – Philosophie für Anfänger

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Mittwoch, 02/03/2016 – Aufhören wenn’s am schönsten ist? – Philosophie für Anfänger

Eigentlich ist dieser Tag um 11:53 Uhr gelaufen und vorbei. Over and done with. Ich könnte heimfahren und mich niederlegen. Oder aber das tun, wonach mir jetzt wirklich der Sinn steht: ganz. laut. KREISCHEN.

Vor Glück.

Heute ist wieder so ein Tag. In der Früh sitze ich beim späten Frühstück auf der Terrasse, brüte über den fünf Optionen für die restlichen paar Tage, die ich noch allein in Sydney bin und entscheide mich spontan für eine sechste. Welch goldenes Händchen! Mit dem Bus fahre ich nach Narrabeen, wo es einen Lagoon Trail um die dortige Lagune gibt. Doch schon nach wenigen Metern zeichnet sich ab: Weit werde ich hier nicht kommen. Denn alle paar Schritte muss ich innehalten und ein paar Fotos machen: neben unzähligen Enten der Sorte „Sehr hässlich“ bzw. „Superniedlich“, wenn die ganze Familie sich neugierig auf meine an den Füßen befindliche Schuhe stürzt, und ebenso vielen Möwen regieren hier Kakadus und Papageien. Es ist ein bisschen wie eine Umrundung der Alten Donau mit einer Insel (Gänsehäufel aber ohne Strandbad) in der Mitte, ein paar Lokalen am Ufer und vielen Müttern, Kindern, alten Leuten, Hunden, Kleinkindern – aber die sind insgesamt in der Minderzahl gegenüber den gefiederten Besuchern.

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Nach einer Stunde (ich habe grad mal 1,3 km geschafft) beschließe ich umzudrehen und im Boatshed Cafe einzukehren. Welch glorreiche Entscheidung. Nach wenigen Schritten sehe ich nicht nur, wie Kakadus die Balkone der hiesigen Wohnhäuser unsicher machen oder es sich darauf richtig gemütlich machen, sondern auch einen grimmig aussehenden asatisch-stämmigen Mann, der von der Ladefläche seines Ute einen Käfig hebt. Der Mann erinnert mich sehr an einen der ganz Bösen aus Hawaiii Five-O, deshalb wundere ich mich, dass er mit seinem Haustier (Katze, sehr großes Meerschwein, sehr verbautes Karnickel? ich kann es nicht erkennen) hier extra zum Spazierengehen herkommt. Ich sehe neugierig zu, wie er den Käfig öffnet und dann mehrfach draufklopft, um das Tier herauszulocken. Und siehe da, es hoppelt heraus, huscht verwirrt auf einen Baum vor meiner Nase und bleibt in 1 Meter Höhe sitzen – verängstigt, wie ich meine. Das bin ich auch. Das wird ja wohl kein… naja, waren die wirkiich so groß? … ja, doch, es ist ein Possum!

Als ich den Mann frage, ob das wirklich eines der entzückenden Possums ist, meint er sehr abfällig, aus welchem Land ich denn sei, ob ich noch nie ein Possum gesehen hätte (doch, aber immer nur bei Nacht!) und ob ich nicht wisse, dass diese Tierchen viel Schaden anrichten. Seines musste er mühsam aus dem Rauchfang befreien, den es verstopft hatte – und hier im Park wollte er es freilassen. Es hetzt unsicher auf jeden Baum, um nach einem Meter Höhe wieder umzukehren. In der Zwischenzeit geht ein Höllenlärm an, die Kakadus wollen scheinbar ihr Revier verteidigen und erschrecken gleichermaßen das Possum wie mich. Während ich vollkommen von dem Gekeisch und den von allen bäumenden fallenden Ästen und Blättern (welch geniale Verteidigungsstrategie der Vogelwelt) abgelenkt bin, schnell ein paar Kakadus zwischendurch fotografieren will, entkommt mir das Possum. Obwohl ich genau weiß, auf welchen Baum, kann ich es nicht mehr erspähen.

Oh. My. Goodness. All das schon vor High Noon! Dazu eine nette Plauderei mit einem europareisefreudigen australischen Kellner, der mich im Narrabeen Boatshed Cafe bei einem Berry Smoothie und Buttermilk Pancakes unterhält und einer absolut friedlichen Landschaft – diesmal nur ein Meeresarm, gar nicht „das richtige Meer“. Weil ich es nicht lassen kann, lege ich am Heimweg noch einen Busstop im Pelican Pavilion in Collaroy (Fortsetzung meiner ganzheitlichen Eroberung der Northern Beaches) mit traumhaftem Meerblick ein, aber dann geht wirklich nichts mehr. Ich fahre nach Manly zurück und versuche am Strand, wieder zu Sinnen zu kommen,. Ein Possum bei Tageslicht!

Ebenfalls entzückend: Die Begegnung mit einer Entengroßfamilie, die sich um meine Beine schart und darum herumwatschelt wie um einen Lampenpfosten oder einen Baum. Mein Zweitlieblingsmotiv heute, definitiv! Und als ich die Kamera schon eingepackt habe, weil jetzt nichts mehr kommen kann, schwimmt auch noch ein gelangweilter Pelikan vorbei.

Alles, was jetzt noch kommt, kann vergleichsweise nur mehr abstinken: ich gehe also hinunter zum Shelly Beach, lese, plansche und denke süße Possumgedanken! Dann esse ich meine gestern erstandene „Käseplatte“, trinke Birdwood-Chardonnay von Aldi und denke süße Possumgedanken, und dann, während ich „My Kitchen Rules“ sehe und blogge, denke ich sicherheitshalber noch ein paar süße Possumgedanken!

Die Frage, ob man nun aufhören soll, wenn es am schönsten ist, oder immer noch ein bisschen hoffen darf, überlasse ich hiermit den fortgeschrittenen Philosophen – ich bin mit den süßen Possumgedanken mehr als ausgelastet….

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