sydnEySCAPE 2016: First impressions go a very long (and steep) way indeed

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11/02/2016 – VIENNA – DUBAI – SYDNEY

Ein langer Wartetag hat um 22 Uhr mit dem Abflug endlich ein Ende genommen. Tschüss, Winter, tschüss, eigenes Bett, hallo Abenteuer, hallo Sonne! Die erste Teilstrecke gibt sich dann mehr geschüttelt als gerührt: das Essen, das nach vier (!) Stunden serviert wird, weil davor wegen ziemlicher Turbulenzen daran bestenfalls zu denken ist, findet kaum den Weg in den Mund, ganz zu schweigen von den Getränken, bei denen das Bemühen, sich nicht vollständig vollständig damit zu bekleckern, eher die Feinmnotorik von Mikadospezialisten erfordert. Die zweite Teilstrecke ist dann wesentlich ruhiger, und wesentlich länger (knappe 14 anstatt zuvor 6 Stunden), aber Schlaf bleibt für mich in diesem Fall ein eher theoretisches Konzept. Mein Körper hat beschlossen, sehr müde zu sein, aber nicht schlafen zu können. Angesichts der Aufregung kann ich ihn sogar ein bisschen verstehen, auch wenn ich mir doch etwas mehr schlaftechnische Vernunft (Vorschlafen und so) von ihm erwartet hätte.

12/02/2016 – Sydney Airport – Circular Quay – Manly

Der Wetterbericht hält, was er versprochen hat. Müde steige ich bei blauem Himmel frühmorgens aus dem Flieger und mache mich auf den Weg zu meinem Apartment, genau genommen zuerst mit dem Airport Train zum Cirular Quay. Kleine technische Gebrechen – das Handy ist tot und ich kann somit meine Vermieterin nicht wie ausgemacht kontaktieren – lassen mich kalt, was angesichts der harschen Klimaumstellung für meinen Körper irgendwie das falsche Bild ist. Der erste Höhepunkt ist dann wie immer die Fährenfahrt nach Manly: ein traumhaftes Panorama aus Harbour Bridge, Riesenkreuzfahrtschiff „Carnival Spirit“ und der Oper mit drei riesigen bunten Affenfiguren davor, die vor wenigen Tagen das chinesische Jahr des Affen eingeläutet haben, lässt mich vergessen, dass ich schwitze wie ein Ameisenigel, sich die Frisur binnen Minuten durch die Luftfeuchtigkeit wieder in etwas verwandelt hat, was man auch mit viel gutem Willen nur als zerzaustes Gestrüpp bezeichnen kann, und der Weg ins Apartment wesentlich weiter und beschwerlicher ist, als mir mit Koffer, Rucksack und Handtasche lieb ist. Schließlich würde ich am liebsten sofort ein paar australische Magazine bunkern. Was ich dann in Manly angekommen auch tue, wenn auch mit einer mir fremden Zurückhaltung, die bei genauerer Analyse dieses mir bislang fremden Wesenszugs allerdings auf das Stichwort „schweißtriefender Ameisenigel“ zurückzuführen sein könnte. 30 Minuten und mehrere vergebliche Bargeldbehebeversuche bei diversen Banken am Corso später (ich hoffe inständig, niemand hält mich für eine Betrügerin, weil ich keinen der 7 Bankomaten unversucht lasse) sowie 17 Schweißausbrüche und 37 Ooooohs bei Anblick von Strand und Meer später bin ich in meinem Apartment. Dass gerade das letzte Stück unglaublich steil ist, macht meinen flugbedingt ohnehin schon wenig gesellschaftsfähigen Anblick nicht gerade besser, aber meine Vermieterin tut, als wäre es ganz normal, dass man in den 2 Sekunden zwischen „Hello“ und „Nice to meet you“ ein paar Schweißlacken auf ihre riesige Terrasse zeichnet.

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Das Apartment ist richtig hübsch, die Terrasse richtig groß und richtig heiß und mit richtigem Blick auf das Meer in der Ferne. Einmal schnell auspacken und duschen und ich ziehe wieder los: Hunger! Durst! Mehr Zeitschriften! Ihr seht, ich habe meine Prioritäten noch einigermaßen unter Kontrolle. Also durch einen kleinen, steilen (what else?) Dschungelpfad wieder zum Shelly Beach, vorbei am nagelneuen und wunderschönen Shelly Beach Boathouse Cafe, das mit seinen Geschwistern in Balmoral und Palm Beach lagetechnisch (am statt über dem Wasser mach thier einen gewaltigen Unterschied) nicht ganz mithalten kann, und entlang der Marine Promenade und vorbei an zahlreichen Eastern Sea Dragons zurück zum Fähranleger, wo ich bei Aldi die Basics (toastbare English Muffins, ungesalzene Butter, Cheddar Cheese, Orange Juice, Nektarinen und australischen Wein) besorge, bei Coles um ein paar raffiniertere Teile (Spezialknuspermüsli, Duschbad und Shampoo in Gebindegrößen unter 750 ml) und das Ganze dann erneut und mit mittlerweile in flipflopentwöhnten und entsprechend aufmotzenden Füßen wieder den langen Weg zurück ins Apartment schleppe. Aus der Siesta, die mein übermüdeter und gejetlaggter Körper einfordert, wird leider nichts: der Straßenverkehr ist unerwartet laut, das Apartment unerwartet heiß und ich weniger unerwartet klimaanlagenabgeneigt. Aber was muss, das muss. Das hat sicher ein berühmter Fußballer gesagt, und mein Körper gibt sich diesem Argument geschlagen. Zwischen den Versuchen, das Internet ins Laufen zu bringen, der Arbeit an der richtigen Konstellation der 23 Zäpfchen des Adapters, damit dieser auch Strom fließen lässt, und dem Versuch, das tote aber mittlerweile aufgeladene Handy zum Gespräch mit der Außenwelt zu bewegen, und dem ersten Blättern in meinen „Notfallmagazinen“ schlafe ich tatsächlich irgendwann auch 15 Minuten.

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Und gebe mich schließlich der Neugier geschlagen, die fordert, am Strand und vor allem im Meer mit der neuen Unterwasserkamera spielen zu dürfen und die Warnung der Vermieterin, dass es heute hier Bluebottle-Quallen gibt, in den Wind schlägt. Dieser Freitag ist geboren für einen Strandbesuch. Erste zögerliche Versuche mit aus dem Wasser herausgehaltener Kamera sind höchst erfreulich. Ich lasse mich am Strand antrocknen, spaziere dann zum Rockpool, wo ich mich unter die Einheimischen mische (was angesichts meines nicht vorhandenen Teints nicht ganz unauffällig geht) und spaziere dann nochmal in den Ort: die Salt & Pepper Squid zu Mittag waren schon quasi ein erstes Einstandsritual, doch das Ben & Jerry’s Brownie Sundae ist nun die unmissverständliche Botschaft an all die Teile von mir, die es noch immer nicht fassen können, dass wir (sie, die Teile, und ich) endlich wieder hier sind: Manly – 7 miles from Sydney, a thousand miles from care! Das Motto könnte wahrlich nicht besser gewählt sein, denke ich, während ich am Strand mein erstes Eis esse und die technischen Probleme ebenso vergesse wie die schmerzenden Füße.

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Einmal noch den Weg zurück zum neuen Zuhause, wo ich im sehr heißen Apartment nun doch die Klimaanlage anwerfe (hah, das ist sogar für mich ein Kinderspiel!) und mich mit den Realitäten befasse: wieso geht das Bloggen nicht, wieso das Handy, wieso der Geldautomat, wieso wollen so viele Kunden Antworten von mir? Und nachdem ich den Abend dann nach 19 Uhr auf der endlich schattigen Terrasse bei Wein und Käse ausklingen lasse und mich dabei nicht vom Haushund vertreiben ließ, kommt die große Müdigkeit. 3 Stunden schlafe ich wie tot, ehe ich um Mitternacht hellwach im Bett sitze und versuche, den doofen Laptop ins Jenseits, genau genommen ins Internet, zu befördern, Und siehe da, Wunder oh Wunder: Kaum befasst man sich mit ihm im Bett, geht er auch – langsam, aber immerhin. Die Frage, ob das tatsächlich daran liegen kann, dass der Router am Schlafzimmerschrank direkt neben dem Bett wohnt, bleibt ebenso unbeantwortet wie jene, ob das lautstarke (und ich meine wirklich laut UND wirklich stark) Geschrei vor der Terrasse nun von 399 Kakadus oder anderem Getier stammt (was für die Folgefrage, ob ich mich fürchten muss, allerdings nicht ganz unerheblich ist). Googeln kann man auch in der Küche, aber facebooken und bloggen nicht? Ein seltsames Fazit nach einem anstrengenden Tag voller erster Eindrücke, voller Druckstellen an den Füßen, voller Locken am Köpfchen und voller Lust auf mehr, mehr, mehr.

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