Tag 1 – Ein Wiedersehen mit Manly, dem Sommer und meinem Reisegesicht

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Mit mitternachtsmüden Fingern (Stichwort Jetlag) schreibe ich mein erstes Blog aus Sydney. Es ist finster in dem Apartment, was nicht nur an den fragwürdigen und vor allem unterrepräsentierten Beleuchtungskörpern liegt, sondern auch daran, dass ich die kurzen Wegstrecken schon jetzt blind finde. Nur der Laptop sorgt für etwas Licht, sodass ich (seltsam, aber wie ich glaube wissenschaftlich erwiesen) die Außengeräusche besser hören kann. Was beim Einschlafen gegen halb 10 noch ein paar Vögel und ein paar grillende Nachbarn waren, hat jetzt der Wind an Untermalung übernommen (der hinterlisterweise ein wenig nach Regen klingt). Angeblich soll man nachts sogar die Brandung hören können, doch ich finde sie nicht in diesem Potpourri aus Wind in Palmen, Wind in Bäumen und Wind in Frangipani-Sträuchen.

Nach der langen Anreise mit Emirates via Dubai und Bangkok, die eigentlich nur halb so schlimm war, da ich dank Gangplatz in einer Zweierreihe etwas schlafen konnte und die restliche Zeit wie besessen „Bookworm“ im bordeigenen Entertainment-Center spielte, und einer absolut unproblematischen Vodafone-Sim-Karten-Kaufaktion und einer noch unproblematischeren weil kurzen Fahrt in die Stadt und absolut umwerfenden Weiterfahrt nach Manly (ooooh, das Fährenfahren!) war auch die Übernahme des Apartments nach einigen administrativen Mühen (ich musste den Vermieter herbemühen, um die Tür zu öffnen, die ohnehin nicht versperrt war, da ich nicht fest genug rüttelte, weil ich nämlich nicht wusste, ob ich an der richtigen Tür rüttelte) schnell erledigt. Ein paar Macken wie fehlende Handtücher, kaputte Glühbirnen und nicht funktionierendes Schloss behob der Vermieter rasch, oder zumindest glaubten wir das beide. Das mit dem Schloss ist noch nicht gelöst, da ich zum Versperren und Aufsperren eher den Eindruck einer sehr unprofessionellen und extrem gestressten Einbrecherin erwecken muss. Abends stellte ich auch fest, dass es außer einem Messerblock und allerlei Kochutensilien (Stichwort Schöpfkelle) keinerlei Besteck gibt, was das Verspeisen meines Salats zu einer interessanten Erfahrung machte. Morgen früh werde ich noch einmal suchen, ich habe den Verdacht, dass ich mich wie beim Schloss und auch beim Fernseher, den ich trotz Suchens, Auffindens und Einschaltens der nicht eingeschalteten Steckdose nicht und nicht zum Laufen bringen konnte.

Der nachmittägliche Erstspaziergang durch das sommerliche Manly bewies einmal mehr, dass dieser Vorort etwas ganz Besonderes ist – „1000 miles from care“ eben, wie schon der Slogan sagt, sogar der seit Wochen hartnäckige Wiener Husten gibt schlagartig klein bei (und lässt eine verstopfte Nase alleine zurück). Manches hat sich seit 2013 verändert (die Touristeninfo in Manly verkauft jetzt auch hübsche Manly-Souvenirs; es gibt keinen 10er-Block mehr für die Fähre; in der Fußgängerzone am Corso hat auch der US-amerikanische Laden Tommy Bahamas – leider ohne zugehöriges Restaurant – Einzug gehalten; das traumhafte vietnamesische Lokal von Miss Chu hat nach Manly expandiert und zwischenzeitlich leider auch gleich Konkurs gemacht), aber unter dem Strich ist alles beim Alten geblieben im schönsten und lebenswertesten Plätzchen Erde, das ich kenne. Wenn man nie weiter als 5 Minuten vom Meer entfernt ist (oh, die Erfindung der Landzungen!), das Tragen von Surfboards unter dem Arm genauso selbstverständlich ist wie anderswo das Tragen einer Uhr auf dem Arm, nackte Füße und Flipflops weniger auffallen als geschlossene Schuhe und das Klima eine wunderbare Fülle von Sommerblühern hervorbringt (oh, die Frangpani-Blüten mit ihrem Wahnsinnsduft, oh die Hibiskussträuche mit ihren Riesenblüten in allen Farben!), hat man eben automatisch einen gewissen Startvorteil gegenüber anderen Städten, insbesondere gegenüber solchen in Binnenstaaten. Die relaxte Art der Aussies hier ist ansteckend und ich laufe den ganzen Nachmittag geflasht herum, sehe hier wie da nach dem Rechten, teste die Panoramafunktion meines Handys, entdecke Neues (oh, die Sundaes vom neuen Ben & Jerrys Cafe!), entdecke zahlreiche nette Cafes für die nächsten Wochen, nehme erste 200 T-Shirts mit Beach-Feeling in die engere Importauswahl, trage mein übernachtiges Reisegesicht höchst zufrieden durch die Gegend, gehe mit meinen wagemutig in Flipflops gesteckten kasweißen Sprudlern selbstbewusst zu Aldi einkaufen und schleppe meine Errungenschaften schließlich mit ersten Druckstellen zwischen den Zehen die steile Osbourne Street hoch in mein Apartmentt. Nach einem kurzen Zweit-Meeting mit meinem netten Vermieter und nicht so kurzen Türzusperrbemühungen ziehe ich nochmal los, in der Hoffnung, meinen Jetlag nicht zu kultivieren, sondern durch Aufbleiben bis 10 oder so in den Griff zu bekommen. Das funktioniert allerdings auch trotz genussvollem Konsum eines wunderbaren Weißweins – direkt aus der Flasche, weil sich der bestecklose Salat sonst womöglich schlecht fühlen könnte – nur mittelmäßig, was aber auch nichts macht, dann schreibe ich eben mein Blog, suche nochmals das fehlende Besteck, blättere in den noch im Reisegewand und mit Koffer in der Hand gekauften Magazinen und überlege, was ich mit dem morgigen Tag anstellen werde. LoveLoveLove. 

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