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So schnell Tag 2 und Tag 3 auch vergangen sind – mir ist schnell wieder eine Handvoll Gründe in Erinnerung gerufen worden, warum es sinnvoll wäre, nach Australien auszuwandern (abgesehen davon, dass ich einfach nicht der Auswandertyp, sondern bestenfalls der Überwinterwoanderstyp bin). Diese lauten: – Fährenfahren ersetzt jeden therapeutischen Bedarf – Avocados schmecken nirgendwo besser – So viel Meer ist nicht nur gut für die Seele, sondern auch für Husten, Schnupfen, Nebenhöhlen und andere winterhassende Körperteile – Frangipani-Sträuche sind das Schönste, was die Natur in meinen Augen und für meine Augen (und die Nase!) zu bieten hat: in allen Farben blühend duften sie auch so wunderbar, dass ich jeden Tag am Heimweg ein paar auf den Boden gefallene Blüten aufhebe und zuhause in einem Wasserglas weiterleben lasse – Das Gefühl, gar nicht überlegen zu müssen, ob man womöglich einen Pulli, eine Jacke oder einen Schal brauchen könnte, ist extrem überbewertet; das australische Wetter trägt dem bislang wunderbar Rechnung.
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Ansonsten gestalten sich die Tage wie von Meisterhand, ohne viel Planung und ohne viele Umstände wunderbar easy-going, wie es hier ganz normal zu sein scheint; mein Reisegesicht grinst noch ein bisschen weiß, aber es grinst ohne Unterlass, nur manchmal (etwa 200 Mal pro Tag) muss es sich hinter der Kamera verstecken. Als ob es eine Möglichkeit gäbe, Glück einzufangen. Unbelehrbar, wie ich bin, versuche ich es aber hartnäckig und seit Jahren mit immer besserem Erfolg.
Tag 2 bestand aus einem spontanen Morgenspaziergang zur Little Manly Cove, weiter zum Collins Beach mit einem niedlichen Wasserfall – verbunden mit unerwartetesm Bushwalking, Begegnungen mit Water Dragons und Kakadus, vorbei an einem sogar für mich auffindbaren Geocache (unserem 200.!). Danach die beim Heimkommen obligate Abkühlung im anlageneigenen Pool und dann eine Fährenfahrt in die Stadt, CBD – Central Business District. Dort spaziere ich durch die für meinen trotz Jetlag schon sehr relaxten Zustand zu hektische Gegend, bummle, löse meinen ersten australischen Groupon bei den Bagel Brothers ein, sehe mich kurz im absolut unüberschaubaren Westfield Sydney Shopping Center um, kaufe ein paar Kleinigkeiten und fahre dann bestens gelaunt wieder nach Manly. Zum krönenden Abschluss stelle ich fest, dass es bei Ben & Jerry’s wunderbare Sundae-Kreationen und somit eine gute Gelegenheit gibt, das müde Gebein mit Blick aufs Meer auszuruhen.
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Am Abend leistet mein Vermieter Ed einen wunderbaren Beitrag zur Verbesserung der Lernkurve: ich lerne, dass sich das Besteck nicht in einer Bestecklade, in einem Schrank oder einem offen herumstehenden Besteckeinsatz befindet, sondern in einer edlen Holzschatulle unter den Kaffee- und Tee-Zutaten. (Ich hätte also den Salat am Vorabend gar nicht mit einem Plastiklöfferl aus meinem Reisenecessaire essen müssen.) Ich lerne, dass ich nicht zu dumm für den Fernsehr war, sondern die richtige Fernbedienung fehlt. Ich lerne, wie man ein hiesiges Fahrradschloss aufschließt, aber leider nicht, wie man es richtig fährt. Es handelt sich nämlich um ein Herrenrad. Der Sattel befindet zwar auf der niedrigsten Stufe, wodurch ich dankenswerterweise mit den Zehenspitzen auf den Boden komme. Leider ist das Rad aber so gebaut, dass ich die Knie beim Treten bis zur Brust hochziehen muss, was meinen Knien nicht besonders gefällt. In Kombination mit einer 21-Gang-Schaltung, von der nur drei funktionieren, ohne dass ich ins Leere trete, nicht zu vergessen dem Linksverkehr („Oh my goodness, another roundabout!“ denke ich bei jedem der unzähligen Kreisverkehre) und den mir nicht vertrauten Straßen gestaltet sich der abendliche Radversuch durchaus anspruchsvoll. Dazu kommt, dass Manly und vor allem die Gegend, in der ich wohne, eigentlich keine ebenen Straßen aufweist, auf denen man sich als unbedarfte Europäerin mit dem seltsamen Rad anfreunden könnte und dass auf dem Weg zum North Head, Teil des Nationalparks, neben den unheimlichen Steigungen auch unzählige andere Ablenkungen auf mich warten: hier ein paar Hasen, dort ein paar Kakadus, dahinter die im grauen Abendlicht liegende Skyline – da soll man mal nicht vom rechten Weg abkommen. Nach einer Stunde bin ich geschafft und beschließe, meinen Plan, das Rad mit der Fähre gelegentlich in die Stadt mitzunehmen, und von dort per Rad die anderen Stadtteile zu erobern, im Sinne der Volksgesundheit und allem voran meiner eigenen Gesundheit lieber sein lassen werde. In Manly werde ich das Radvergnügen vielleicht in den frühen Morgenstunden (wenig Verkehr) trotzdem noch mal in Angriff nehmen. Das wäre doch gelacht…
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Tag 3 lässt sich auch nicht lumpen: Spontan beschließe ich in der Früh, einen Strandtag einzulegen – oder so viel davon, wie man einer winterbleichen Haut guten Gewissens zumuten kann. Ich spaziere also schon zeitig zum Strand, finde irgendwo ein leckeres Double Choc Muffin und ein Strawberry Banana Nudie (eine Art Smoothie), die ich mit Blick aufs Meer (okay, das werde ich künftig nicht mehr dazusagen) genieße. Dann spaziere ich zum Shelley Beach, wandere hinauf zum Lookout, wo eigentlich zwei Geocaches versteckt sein sollten. Meine Ausbeute beschränkt sich auf 3 Water Dragons, 3 Kakadus und Dutzend tolle Ausblicke. Die paar schwarzen Wolken verziehen sich bald und ich gebe mir australisches Beach Life: bunte Kinder in bunten Schwimmrückenwesten auf bunten Surf- und Body Boards. Dann erkunde ich mit einem Bus (ja, die Busfahrer begrüßen und verabschieden ihre Gäste hier meistens) ein paar Geschäfte in der Sydney Road, kaufe etwas Kühlschrankgrundausstattung ein und mache eine Siesta im Apartment (inklusive der obligaten Heimkehrpoolabkühlung, die ich künftig auch nicht mehr extra erwähnen werde). Für den Nachmittag brauche ich ein hautfreundliches Programm und setze auf Kultur: eine Fotoausstellung über die Strandkultur von einst und jetzt. Naja, aber zumindest angenehm kühl dort. Dann folgt eine weitere Strandpause inklusive erstem richtigen Schwumm, bevor ich unter die schattigen Norfolk Pines an der East Esplanade flüchte, wo ich zwischen Musik im Ohr und Buch in der Hand schwanke. Einmal Aldi-Besuch noch, einmal kurz über den eher mickrigen freitäglichen World Food Market und dann nach Hause, inklusive Ihr-wisst-schon. Die wunderbare Flasche The Pond Pinot Grigio von Aldi hält sich gut und entspannt mich weiter, als ob das noch ginge. Lediglich die Haut ist heute nach der ersten intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema „Sonne“ weniger entspannt, aber auch das kann mich nicht erschüttern. Life is good. Brilliant. Awesome. Amazing,
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