„Love grows here“ wird an diesem durchwachsenen letzten Tag das Motto für die nächsten Wochen und Monate. Beginnen tut der Tag allerdings mit einem einst aus der Verzweiflung geborenen und mittlerweile bewährten Alleinreisemotto: „When in doubt, go out“. Zunächst kämpfe ich mich testweise mal durch den Regen zu Aldi, wo ich mir frische Himbeeren und kein hübsches Walkissen, passend zu unserem Terrassencafé „Zum kleinen Pottwal“ kaufe. Max ist erleichtert. Erleichtert bin auch ich, aber aus anderem Grund. Denn kaum wache ich in der Früh auf, beginne ich in aller Ruhe zu packen. Das ist auch nötig, denn es wird eine knappe Partie. Auch wenn ich nicht weiß, wer meinen Koffer und mein Handgepäck (und am besten auch mich) tragen wird – alles scheint einigermaßen hineinzupassen, wenn ich wie geplant einiges an altem Zeug abwerfe und dem hiesigen Müll überlasse.
Der Regen kommt und geht, ich auch. Von allen Schlechtwetterprogrammpunkten drängt sich nur einer wirklich auf: ein erneuter Besuch der Grounds of Alexandria, die ich vor einigen Wochen entdeckt und für verdammt toll befunden habe. Ein ehemaliger Industriekomplex verwandelt in ein nettes Café mit angeschlossenem Blumenladen, begrünten Arkaden, kleinem Tiergehege (das Schwein „Francis Bacon“) aber heute wegen des Regens keinen entzückenden Standln, wegen denen ich nochmal herkam. Die hätten zum Sketchen sicher einiges hergegeben. Egal, ich gönne mir „smoked salmon with krispy kale on brioche with poached egg“ und als es kurz aufreißt, überkommt mich die kühne Idee, hier ein paar Caches zu machen.
Ganz in der Nähe (also für Leute ohne Humpelknie) gibt es den mir bislang nicht bekannten Sydney Park, wo es drei Caches geben soll. Wieder muss ich mehrfach den Princes Highway überqueren und stehe dann in einem leeren Mittelding aus Donaupark und Kurpark Oberlaa – ohne Konditorei, dafür mit zahlreichen Hügeln. Der erste Cache ist quasi ein Kinderspiel, der zweite lässt sich bitten – tatsächlich habe auch ich wie in den Logs erwähnt eine solche Konstruktion noch nie gesehen. So lange bitten, genau genommen, bis es plötzlich einen Riesenregenguss herunterhaut – ich mitten in der Natur. Ich weiß jetzt, dass Bäume nur dann einen Regenschutz darstellen, wenn sie einigermaßen dicht behaart sind, dass bei strömendem und peitschendem Regen die gegenüberliegende Straßenseite sehr weit entfernt ist, wenn die Straße dazwischen von einer kleinen Sintflut überschwemmt wird, man dann aber sehr bequem in einem Hauseingang meditieren und die weitere Vorgehensweise überlegen kann. Als der Regen nachlässt, verzichte ich auf Cache Nr. 3 für heute und gehe zur nächsten Bahnstation, fahre zurück zum Circular Quay und ein letztes Mal mit der Fähre nach Manly. Wie eine echte Einheimische lese ich auf der Fährenfahrt ein bisschen, nicke ein bisschen und übertünche damit die Wehmütigkeit, die ich nicht ganz leugnen kann.
In Manly spaziere ich zuerst zum Sea Life Aquarium, denn ich überlege, dieses morgen noch zu besuchen – erstmals in meiner Australien-Geschichte. Der Grund: ich habe mich in die Bilder von „weedy sea horses“ verliebt und würde diese soooo gern in echt sehen. Leider erfahre ich, dass es dort nur gewöhnliche Seepferdchen gibt, was auch hübsch sein könnte, aber eben nicht die „weedy“ Sorte, die total witzig aussieht. Am Weg dorthin entdecke ich inspiriert vom gestrigen Sketching-Kurs, wo wir erstmals Architektur (wenn auch nur in flat perspective) gezeichnet haben, ein hübsches Gebäude, an dem ich das gestern Gelernte üben will. Wie sich herausstellt, ist es das öffentliche WC an diesem Ende der Promenade. Wie ich da so am Boden sitze und gefesselt das Gebäude studiere, bekomme ich den einen und anderen befremdeten Blick. Aber keine Angst, es wird wohl keine Gewohnheit werden, dass ich es mir vor öffentlichen Toiletten am Boden gemütlich mache.
Jetzt zeigt sich der Himmel ganz wunderbar schwarz mit weißen Wolkenbändern – ein Grund für einen Rundgang über die Promenade am Hauptstrand, wo mir das Klicken ganz locker von der Hand geht. Ich habe noch zwei weiße Seiten Papier mit (den ganzen Block habe ich heute aus Wettergründen im trockenen Apartment gelassen) und auch diese werden noch versketcht. Noch einmal Strandstimmung aufsaugen, noch einmal über den palatschinkenteigigen Strand gehen, noch einmal von einer Möwe großräumig beschissen werden – ein kleines Best of Beachlife.
Dann aber ist es genug, ich gehe heim und mache mich und mein Zeug bereit für die letzte Nacht allein. Wobei ich die morgige Nacht mit all den Fremden im Flugzeug durchaus auslassen könnte, aber was solls? Max hat mir ein paar hübsche Vorfreupunkte gesendet und die Sonne versprechende Wetterprognose für Wien – und fallen lassen, dass er die letzten Wochen unterfordert war und es Zeit ist, dass ich zurückkomme. Ob das wirklich ein Kompliment ist, weiß ich nicht, aber die Vorfreude auf mich finde ich jedenfalls schön. Love grows here, das ist es – und wäre auch ein hübsches Motto für unsere Wiener Baumscheibe.
|