Nach einer gewittrigen Nacht (und einem Straßen-Skype mit Max, da dort das Free Wifi besser funktioniert als mein Vodafone im Apartment – das allerdings durch wahnsinnig lautes Vogelgekreische etwas erschwert wurde) sieht es in der Früh gar nicht so übel aus. Raus mit mir! Der Kurs beginnt erst um 10 Uhr, da ist noch Zeit für ein Sandwich von der Infinity Bakery und einen Strandspaziergang. Es scheint ein wenig aufzureißen und ich wage mich immer weiter weg von den schützenden Arkaden. Ein Lamington am Südende des Strands wäre eine gute Beschaffung für den heutigen Abend. Und weiter und weiter, bis ich beim Shelly Beach schließlich umdrehe. Es ist schon sehr trubelig um 8 Uhr, das Inflatable Boat Race, diverse Kindersurfbewerbe, das Australian Surf Open – viele Läufer, Spaziergänger und insbesondere Kaffeetrinker. Ich liebe diese Morgenstimmung, die nach dem Regen besonders befreiend ist. Vielleicht ist das der „smell of rain“, der im Graffiti vorgestern gemeint war – der verblassende Duft des Regens.
Als ich fast wieder zurück bin, höre ich eine Frau sagen: „There’s the rain again!“ Und wirklich: In dieser Sekunde beginnt es wieder unvermittelt zu schütten, aber da bin ich mit Lamington und Kamera schon fast wieder im Schutz der Arkaden und zuhause, wo ich mich trocken lege, zusammenpacke und hoffentlich einigermaßen trocken zum Kurs komme. Ich freue mich riesig, diesem Sonntag schon eine Stunde Strandspaziergang abgerungen zu haben. Ich stopfe Sommer- und Strandfeeling in mich wie eine Verhungernde – der Frühling in Wien ist bestenfalls das, ein Frühling eben, aber gewiss kein sandgeladener, blaumhimmeliger Sommer.
Es braucht drei Anläufe, bis ich mich schließlich auf den Weg in Erins Studio machen kann. Zweimal muss ich nach wenigen Schritten durch Regen und Sturm wieder hinauf ins Apartment, um den Regenschirm zu wechseln, bis ich endlich einen erwische, der nicht der ersten Sturmböe erliegt.
Der Kurs „Sketching & Collage“, geleitet von Multimedia-Künstlerin Cathy, ist zunächst sehr chaotisch. Irrsinnig viel Material, gehäuft auf dem Tisch, am Boden und eigentlich überall, überhäuft von Büchern und Beispielen – und kaum Erklärungen. Meine Sitznachbarin Sue weiß von Erin über meine Herkunft Bescheid und weil ihr Sohn länger in Graz gearbeitet und sie ihn dort auch besucht hat, erkiest sie mich zu ihrer besten Freundin aus und ist entzückend, wenn auch etwas überwältigend. Sie hat mir eine hübsche australische Grußkarte mitgebracht als Geschenk, einfach so. Dafür erfahre ich ihre gesamte Gedankenwelt, wobei ihre Welt aus vielen parallelen Universen aufgebaut zu sein scheint. Als ich erfahre, dass sie viele von Erins Sketching-Reisen mitmacht, ist klar: Diese Reisen werde ich alleine schon aus diesem Grund auslassen. Diese alten Damen sind wirklich unglaublich zuvorkommend und hilfsbereit (also wenn man zu Wort kommt), aber irgendwie doch high maintenance. Als mir meine neue Busenfreundin erklärt, dass sich ihr erster Mann aus unerfindlichen Gründen umgebracht hat, beiße ich mir heldenhaft ein kleines Cut in die Zunge.
Eigentlich war das Thema des Kurses heute, Fotos von lieben Menschen mitzubringen und in Collagen zu verwandeln. Da ich derlei aber nicht mitführe, werden es bei mir einfach Australien- und Reise-Collagen – I’m loving it and loving them.
Gegen Mittag reißt es auf und als ich um 15:30 Uhr beschwingt aus dem Kurs gehe, scheint die Sonne. Also auch das sind „showers! 😉 Los zum Strand, wo es rund geht. Dieser ist allerdings so feucht, dass sich mein Wassermelonenbadetuch unter den Fish & Chips instant in die Konsistenz von Vollkorn-Palatschinkenteig verwandelt. Aber was solls? Ich hänge noch einen ausgedehnten Strandspaziergang an, freue mich über das wunderbare Ebben-Panorama, die Musik im Hintergrund und einen – unerwartet – tollen Tag!
Das Kompliment des Tages: Als meine neue beste Freundin scherzt, dass ich („Andrea from Austria“ mit dem Klang von „Princess of Jordania“) die erste Erin Hill School in Austria eröffnen werde, glaubt ihr das die heutige Trainerin Cathy sogar… Süß…
Jetzt lasse ich den Abend bei Lamington (den ich hoffentlich erfolgreich vor allen kleinen Tierchen im Apartment und insbesondere den größeren – habe ich sie groß gefüttert? – versteckt habe) und „Married at first sight“ ausklingen und hoffe, dass die für morgen angesagten showers so ähnlich ausfallen wie die heute Nachmittag.
|