Die Nacht hat ihren Rhythmus gefunden, und ich auch. Alle vier Stunden wache ich auf, weil es sehr heiß ist, klimatisiere das Apartment 15 Minuten lang herunter, währenddessen ich zur Verwunderung heimischer Freunde Mails oder FB-Postings beantworte und die eine oder andere (Betonung auf „oder“) Jobanfrage annehme. Also mehr so ein kleines „oder“, wie in einem 1-Stunden-Job, der mich dann zur Belohnung das Geld sofort in die australische Wirtschaft zurückinvestieren lässt – in ein Frühstückslokal am Strand vielleicht. Und so ist dann auch: im The Pantry genieße ich Meeresrauschen, Ausblick auf den noch blauen Himmel und ein köstliches Frühstück. Dann spaziere ich an die andere Strandseite, wo es morgens noch schattig und vor allem windstiller ist, plansche und lese ein wenig, nehme mir bei Aldi ein Abendessen für später mit und gehe dann nach Hause. So einfach. Wenn nur jeder Dienstagmorgen so wäre. Und das war erst der Anfang.
Weil es nun aber zuzieht, aber dennoch 38 Grad bekommen soll und bereits um 9 Uhr eine Luftfeuchtigkeit von gefühlten 90 Prozent, befinde ich eine Busfahrt nach Mosman für angebracht. Dort kann man zuerst in arkadenbeschatteten Ladenzeilen bummeln, wichtige Vernunftfragen wälzen wie etwa „Wie werden diese beiden unwiderstehlichen Bilderrahmen in den Koffer passen?“ und schließlich hinunter in die Bucht von Mosman an den Balmoral Beach spazieren und im Boathouse einkehren. Die schlaue Frau hat a) den Bilderrahmenkauf zurückgestellt für den Rückweg, um den steilen Weg in die Bucht nicht mit zwei sperrigen Bilderrahmen bewältigen zu müssen, stattdessen aber b) eine nettes Beachflair-reiches Wohnmagazin gekauft, das sie dann gemeinsam mit einem Banana Smoothie mit Blick auf Meer, Brise und bedeckten Himmel liest. Life is good, die Zeit steht still, die Luft nicht – what a combination. Am Rückweg kommt es, wie es kommen muss.
Auch wenn man ohne Partner reist, kann – und soll – man sich dessen Reiseweisheiten ja nicht entziehen. In diesem Fall hätte Max sicher lapidar gesagt: „Die bringen wir schon irgendwie unter“ und hätte mich dem Shoppingvergnügen überlassen, während er sich mit einem Flat White in den Schatten gesetzt und geduldig gewartet hätte. Selbst ist die Frau, und schon sitze ich mit zwei tollen Rahmen im Bus zurück. Vor ein und zwei Wochen noch hat mich das Heimweh angesichts fragwürdiger Apartment- und WG- und WG-Genossenumstände so fest im Griff gehabt, dass ich an Max nicht mal denken durfte. Ich durfte an keinen Ort gehen, wo wir schon gemeinsam waren und nicht mal das Minihandtuch (mit kleinem Fuchsmotiv!), das er mir geschenkt hat für die kleine Wanderung zwischendurch, konnte ich verwenden, ohne vom stärksten Heimweh meines Lebens geplagt zu werden. Jetzt kann ich dieses hemmungslos verwenden (also fast, denn es ist leider sehr rau), kann sogar Max‘ Lieblingsspeisen essen, ohne Heimweh zu bekommen und muss Kenny, den kleinen Koala, den mir Max für meine erste Soloreise geschenkt hat, nicht mehr hinter einem Nachtkastlfuß verstecken. Das nenne ich einen Fortschritt!
Um das raue, frisch „eingewässerte und expandierte“ Handtuch weicher zu machen, will ich es im Waschbecken einweichen. Weit gefehlt. Denn während es zwar Weichspüler in dem wunderbar ausgestatteten Apartment gibt, fehlen jegliche Stoppel. Weder das Küchenbecken, noch das Waschbecken im Bad, ja nicht mal die Badewanne sind mit irgendeiner Verschlussmöglichkeit ausgestattet! Ob das Teil des manchmal fehlgeleiteten englischen Erbes ist? Für das Minihandtuch stelle ich einfach eine kleine Salatschüssel (es gibt nur kleine, also T-Shirts-Handwäsche wird nur was, wenn man sie vorher zerschneidet) ins Waschbecken und hoffe, das Handtuch mit reichlich Weichspüler erweichen zu können. Was ich allerdings mache, wenn mich das dringende Bedürfnis nach einem Schaumbad überkommt, weiß ich noch nicht. Ebenso wenig wie wofür der Überlauf ist….
Für den Abend, jeden der kommenden 5 Dienstagabende genau genommen, habe ich mir etwas ganz Besonderes gegönnt. Was, erzähle ich aber erst, wenn ich weiß, ob das eine kluge Entscheidung war. Jedenfalls ging und geht es nicht ganz ohne Verlassen der Comfort Zone ab, was ja prinzipiell zumeist gut und jedenfalls immer lehrreich ist, auch wenn ich gerade in den vergangenen Wochen oft das Gefühl hatte, fürs erste mal genug über mich gelernt zu haben. Aber es scheint, als ob mir nach den zwei ersten stressigen Wochen der Nervenkitzelstress fast ein bisschen fehlt.(Und nein, es ist weder Speed Cooking noch Speed Dating, denn das Beste am Alleinereisen ist ja der Verzicht auf jeglichen Speed! Und nein, auch nicht SUP with Dog!)
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