99 Tingle Trees und ein Fliegenbremsenüberfall

Heute ist das Reisegesicht besonders unübersehbar. Vermutlich liegt das daran, dass ich bereits um 6 Uhr morgens durch die schmutzige Autoscheibe Kängurus, Unmengen genau genommen, hinter unserem Auto entdeckt habe. Ach wenn ich wie ein Flamingo durch ihr Scheißehäufchen staksen muss – das Erlebnis ist unschlagbar. So viele roos am Campground hatten wir noch nie!

Vermutlich liegt das außerordentlich ausgeprägte Reisegesicht auch daran, dass wir bereits um 9 Uhr bei den Green Pools sind, außer uns nur ein paar Einheimische, und das Meer über Nacht weder erblasst noch versiegt noch eingetrübt ist. Und daran, dass ich die hässlichste Gänsehaut der Welt in Kauf nehme, um hier schwimmen zu gehen. Schorcheln, genau genommen. Denn ein Hinweisschild zeigt eine Taucherbriille und einen Fisch. Ich entdecke unter Wasser ganze sieben, so sandfarben getarnt, dass man sie nur anhand ihrer Schatten am Grund ausfindig machen kann. Glasklar, wenn auch fischarm und beim Hinausgehen sofort frisch paniert vom Wind mit dem feinsten Sand der Welt, wie ich denke.

Auch Max nennt heute wieder einen veränderten Persönlichkeitszustand sein Eigen. Ich glaube es ist der pancake shake. Wr haben gestern zwei Packungen glutenfreien shake nachgekauft und gleich heute morgen stand er wieder da und shakte die Mischung, bis sich auf seinem Gesicht ein breites Grinsen festsetzte. Dann noch backen und mit der gestern erworbenen Mandarinen, Rotwein-Chili-Schokosauce vertilgen. So viel Glück für zwei Personen, alles noch vor neun Uhr. Daran ändert auch der Diebstahlsalarm um 6 Uhr nichts, den Max nichtsahnend auslöst, als er mir das von innen versperrte Fahrzeug von Hand öffnen will, um mich zu den roos zum Spielen zu schicken.

Einen Abstecher zu den Elephant Rocks später sind wir unterwegs zum Valley of the Giants. Beim Treetop Walk in 40 m Höhe übe ich wieder mal mein Mantra "nurnichtrunterschauen". Max geht es ähnlich; wir sind nicht geschaffen für schwankende Höhen, schon gar nicht, wenn sie als Boardwalk ausgegeben werden. Die 70 m hohen tingle trees, die es nur hier gibt, sind wirklich beeindruckend. Und auch die karri trees sind nicht schlecht, aber selbst Max ist an meiner Seite zu einem Wasserstattwald-Junkie mutiert.

Deshalb klingen die Fernbrook Falls auch nach einem perfekten picnic spot. Doch die rumpelige Zufahrtsstraße in Verbindung mit dem überfall durch einen Schwarm Bremsen versetzen Max zuerst in Panik und dann in die Flucht. Erst in Northcliffe, 40 Minuten später, gibt es das Picknick.

Was nun? Es ist 15 Uhr, zu früh, um in einem dieser Kaffs die Zelte aufzuschlagen. Also hängen wir noch zwei Stunden Fahrzeit dran und düsen durch zahlreiche Waldwiesenhügelstraßen, die das Blogschreiben im Auto  zu einer feinmotorischen Herausforderung machen, gegen die Mikadospielen das reinste Kinderspiel ist, nach Augusta, kurz vor dem südlichsten Zipfel Westaustraliens.

Wir schlagen unsere Zelte am Flinders Bay Campground unter Olivenbäumen auf und sehen dem Vollmond über dem Meer beim Leuchten zu. Beim EInschlafen haben wir noch lange die Brandung des Southern Ocean im Ohr und den Geruch der zugehörigen Algen in der Nase.

 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert