Die Nacht ist unübertroffen, und das nicht unbedingt im besten aller Sinne. Der Regen trommelt, prasselt, drischt, fegt und peitscht aus allen Richtungen in unterschiedlichsten Tonlagen (vorwiegend Doppelmoll, wenn es so etwas gibt, wenn nicht dann soeben erfunden) auf das Autodach. Die Scheiben sind so angelaufen, dass man nicht einmal mehr hinauslugen kann und der Sauerstoffgehalt ist im Vergleich zur Luftfeuchtigkeit 0:100 im Rückstand. Wir wälzen uns herum und glauben noch immer an die Prognose, dass es heute etwas besser werden soll, auch wenn es sich nicht so anfühlt. Der leicht säuerliche Geruch im Auto erklärt sich aus dem ungewaschenen Geschirr und den zahlreichen, nicht trocknen wollenden klitschnassen T-Shirts, die schlechte Laune aus der Gesamtheit der Umstände.
Als es um 8 Uhr an der Autotür klopft, sind wir einigermaßen erstaunt, umso mehr so, als uns der Campingplatzbetreiber erklärt, dass Sturm und Regenfälle in den nächsten Stunden noch fünf Mal schlimmer werden sollen und die Unwetter (Stichwort: Tornados) vom Norden Richtung Brisbane ziehen werden. Wir beschließen auf seinen Ratschlag hin, die Flucht anzutreten, hoffend, dass wir dem Tornado ein paar Minuten voranfahren. Binnen weniger Minuten haben wir alles zusammengepackt und machen uns ungeschminkt und koffeinlos auf den Weg. Es ist erst kurz nach acht Uhr und wir sind das einzige Auto auf der Straße. Das ist auch gut so, denn der Sturm versetzt das Auto mehrmals meterweise, die Sicht tendiert gegen Null, Flüsse haben teilweise fast Highway-Niveau erreicht, Äste liegen auf der Straße und ein in den Graben gefahrenes Auto stimmt uns zusätzlich bedenklich. Ws tun? Anhalten und warten oder weiterkämpfen? Angesichts der Tatsache, dass uns der Tornado auf den Fersen ist, plädiere ich für Weiterfahren. Parallel dazu haben wir via iPad eine Apartment-Suchaktion eingeleitet und warten auf Antworten.
Es ist die schlimmste Autofahrt meines Lebens, obwohl es nur 130 km sind. Um halb zehn Uhr trudekl wir im Westfield Shopping Center von Brisbane ein, wo wir frühstücken und uns von dem Schock erholen sowie die nächsten drei Nächte arrangieren möchten. Klitschnass kämpfen wir uns vom Parkplatz in Shopping Center und gönnen uns mal bei Muffin Break einen kleinen Zuckerschock. Wenn ich eines gelernt habem, ist das, dass das niemals schaden kann. Und auch heute tut der Lamington Muffin seine Wirkung. Kurz bevor der Akku von Max Handy den Geist aufgibt und der zweite sich als ungeladen herausstellt, bekommen wir die Zusage für ein Apartment in Paddington, Brisbane. Um halb 3 Uhr dürfen wir kommen. Wir schlagen uns also noch ein paar Stunden im Shopping Center um die Ohren, wobei wir nicht shoppen, sondern nur vom Adrenalinrausch ermattet in den Fauteuils hängen und ein bisschen lesen und alle 10 Minuten Mails checken.
Darauf folgt noch eine Irrsinnsfahrt durch Brisbane, bis wir beim Apartment eintreffen. Von außen schrecklich, stellt sich dieses dann aber doch als sehr nett heraus. Die Mutter der Vermieterin weist uns ein und wir schleppen unser mühsam im Auto zusammengepacktes Zeug durch den strömenden Regen herein. Doch damit noch nicht genug der Aufregung. Es stellt sich nämlich bald heraus, dass die Fenster nicht dicht sind und der Boden auf 10 m2 nass ist. Max wechselt laufend die Handtücher, die wir auf den Fensterbrettern und am Boden aufgelegt haben. Wie das in der Nacht werden soll, wenn es die nächsten 24-36 Stunden noch so weiterschütten soll, wissen wir nicht. Aber Hauptsache, wir haben einmal ein sicheres Dach über uns und etwas Platz, um uns für die Abreise nach Auckland am Mittwoch zu konsolidieren. Der Großbildschirm im Wohnzimmer führt uns eindrücklich vor Augen, welchen Folgen wir gerade noch entkommen sind, ob abgeschnittene Städte, überflutete Highways, Häuser ohne Stromversorgung, auf Autos gestürzte Bäume etc. Solche Katastrophen im Ausland zu erleben, ist immer ganz besonders arg, wie ich immer wieder feststellen muss. Diese Gänsehaut beim Anblick der Bilder im Fernsehen sorgt einfach für eine Gänsehaut und eine große Dankbarkeit, obwohl ich eigentlich total enttäusch bin, wie die letzte Urlaubswoche an der Ostküste sich für uns entwickelt hat.
P.S. Für Auckland haben wir uns für die ersten sechs Nächte ebenfalls ein Apartment organisiert; vom Campen haben wir fürs Erste genug, wir freuen uns auf ein paar (freiwillig gewählte) Apartment-Übernachtungen nach Sydney-Art, mit Ausflügen und Erkundungen der Umgebung, etwas vom Alltagsleben der Einheimischen, aber auch mit gemütlichem Ambiente, bei dem wir gleichzeitig verschiedene Dinge tun können, ohne uns auf die Zehen zu steigen.
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