Unter sternenklarem Himmel schlafen wir gestern ein. Frühmorgens hören wir, wie ein paar Regentropfen aufs Dach fallen. No worries, mate, denken wir uns und schlafen weiter. Bis es schließlich so prasselt, dass wir uns der traurigen Erkenntnis nicht mehr verschließen können, dass es das fürs Erste mit dem blauen Himmel wohl war. Wie sich herausstellt, sind die für die Gold und Sunshine Coast ungewohnten Regenfälle die Folge eines Zyklons weiter im Norden – genau dort nämlich, wo wir in den nächsten und letzten Tagen an der Ostküste Australiens hinwollen. Mist, grummel! Wir werfen unsere Ideen für heute rund 33 Mal über Bord – in der Häufigkeit nur übertroffen von meinen Anfällen von grenzenlosem Optimismus, der mich Dinge sagen lässt wie: „Schau, da vorne wird schon heller!“ Oder: „Schau, da vorne ist es schon fast hell!“
Wir fahren in den Ort Coolangatta, wo wir am Danger Point aufs graublaue Meer schauen, Leguane beobachten und mehrere Reisen in die Zukunft und in die Vergangenheit machen, indem wir am Grenzpunkt zwischen New South Wales und Queensland mehrmals hin und hergehen. Zugegeben: ein kindisches Vergnügen, aber an solchen Urlaubstagen ist fast alles erlaubt.
Auch wenn man uns nicht alles vergönnt, so etwa hat die lokale Filiale von Terry White nicht die dutzenden Australia Day-Farbtöne an Nagellack auf Lager, die ich in Port Macquarie gesehen, aber dummerweise nicht gekauft habe. Wie sich zeigt, ist Australia Day, der Nationalfeiertag, der am 26. Jänner bevorsteht, der größte Feiertag des Landes. Man bekommt in jedem Geschäft so circa alles in den Landesfarben rot-weiß-blau (Flaggenlook) und grün-gelb (Nationaldresslook). In der Nacht hatte ich mir schon ausgemalt (!), welche Gelb- und Grüntöne besonders gut zu meinen neuen Flipflops passen würden und überlegt, wie man bei den angebotenen Viererpacks die vier verschiedenen Farben gerecht auf die zehn Zehen aufteilen könnte. Fixstarter wären, hätte Terry White in Cooly dasselbe Angebot gehabt wie in Port Macquarie, gewesen: Frangipani, Honolulu, Prince Frog und Fresh Squeezed.
Nach einem kurzen Stop in einem Book Exchange-Laden und einem Lunch in Cooly geben wir alle Pläne, in die „Berge“ zu fahren, etwa in den Tamborine NP oder Springbrook NP, endgültig auf. Ein kurzer Strandbesuch mit Blick auf die erschreckend hohen Häuser in Surfers Paradise an der Gold Coast reicht uns. Kurz entschlossen beschließen wir, nach Bribie Island zu fahren, wo es sehr schön sein könnte.
Der einzige schwache Trost des Tages kommt aus Max’ Handy. In den Akutphasen des „Ich glaub, es wird doch nicht hell“ lese ich uns schnell den Wetterbericht von Wien vor und wir sind gleich wieder sehr froh, hier mit Klimaanlage fahren zu dürfen und in Shorts, T-Shirts und Flipflops nicht zu frieren, sondern einfach nur nass zu werden. Irgendwoher muss der Regenwald ja seinen Namen bekommen.
Auch von der Supermarktseite kommt Trost: Denn wir schreiben den 24. Jänner und es gibt bereits jede Menge Angebote an Ostereiern! Von Lindt etwa die Mini Chicks, die Carrots und die Bugs & Bees, aber auch ganz gewöhnliche Osterhasen und Ostereier. Das wirft mehrere Fragen auf: Was machen die Australier in diesem schwül-heißen Klima zweieinhalb Monate mit Schokoostereiern? Wie werden sie gelagert? Wie wird verhindert, dass alle lange vor Ostern vernascht werden? Für uns doppelt seltsam ist die Tatsache, dass wir selbst zu Ostern bereits wieder in Wien sein werden, was sich ebenso falsch anfühlt wie die Osterhasen im Jänner im Supermarkt.
Andererseits könnte das Phänomen, dass Ostern gleichzeitig mit Australia Day, aber noch vor Valentine’s Day in Angriff genommen wird, auch erklären, warum Mitte Dezember, als wir in Sydney ankamen, quasi keinerlei Weihnachtsartikel (mehr) erhältlich waren. Vermutlich haben die Aussies diese auch bereits im August aufgekauft. Dass es für den Australia Day noch vereinzelt australische Hüte, Capes, Flaggen, Flaggen fürs Auto, Zelte, Fußbälle, Haarreifen etc. gibt, ist sowieso ein Wunder, wobei die Betonung hier eindeutig auf „vereinzelt“ liegt.
Ein frühes Highlight dieses Tages erfahren wir noch in Cooly am Danger Point, wo wir das entzückende Cafe d’bar mit angeschlossenem Art House entdecken. Der Künstler Kaleb Smith mit seinen gigantischen Wasseraufnahmen – er muss dafür vermutlich mitten in einer rechtsbrechenden Welle für sehr fortgeschrittene Surfer stehen, ohne das Gleichgewicht oder die Kamera zu verlieren – hat es mir so angetan, dass ich die ganze Autofahrt lang, wenn ich gerade mal nicht „Schau mal, dort wird es heller“ sagen oder aus orf.at vorlesen muss, darüber nachdenke, ob ich wie letztes Jahr in Key West unter die Kunstsammlerinnen gehen soll und wenn ja, wie ich die Hürde bezwingen könnte, dass man nicht international liefert. Aber ich habe da schon eine Idee…
Unten: Wildlife of the Day aus dem Hause Lindt
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