Lieber Onkel Oetker

Keine Angst, ich habe mich nicht vom vorzeitigen Weihnachtswahn anstecken lassen und schreibe bereits Übungsanreden für den Dezember-Brief, der mit den Worten "Lieber Weihnachtsmann" beginnen wird.

Vielmehr ist "Lieber Onkel Oetker", so werde ich meinen Brief einleiten, der Beginn einer großräumigen Petition. Denn Dr Oetker, wie er sich auf seinen Packungen nennt (ich erlaube mir aber aufgrund unseres jahrzehntelangen Naheverhältnisses über Backpulver, Vanillezucker und andere Backzutaten die Du-Form), steht eine wichtige Expansion seiner Produktlinie bevor. Nach Österreich nämlich. Darauf bestehe ich. Deshalb habe ich beschlossen, eine Dr. Oetker Petition zugunsten des Imports von "Roter Grütze mit Bourbon-Vanillesoße Diät" und die unverzichtbare Fertigbackmischung "Tarte au Chocolat" mit knackigen Kakaobohnenstückchen nach Österreich ins Leben zu rufen (ja ich, die absolute Gegnerin von Fertigbackmischungen). Denn das sind die kulinarischen Entdeckungen dieses Rügen-Urlaubs – neben Sweet Family 1-2-3 Fruchtaufstrich-Gelierzucker der Firma Nordzucker, deren Petition noch eine Weile warten wird müssen.

Andererseits: wenn ich schon dabei bin, könnte ich auch gleich den obigen Fruchtaufstrich-Gelierzucker beantragen, von dem ich heute (Autourlauben sei Dank!) einige Packungen für Wien gebunkert habe, weiters aus Portugal Fanta Lemon Zero, Tiger Bread aus Australien und allerlei andere Errungenschaften, die Österreich bislang vorenthalten wurden.

Der heutige Tag bietet sonst irre viel Sturm (dafür nur am Nachmittag ein klein wenig Regen) und mehr Auto- als Radkilometer. Wir wollen zuerst das Ostseebad Sellinn mit schöner Seebrücke, danach die Stadt Sassnitz und dann das Seebad Binz mit besonders hübschen Quallen in besonders großer Zahl besuchen. Dazwischen wäre eigentlich eine Radtour zum Königsstuhl geplant gewesen, die wir aber angesichts der sehr kühlen Temperaturen und des Sturms absagen. So führen wir unsere Räder heute eben nur auf dem Dach spazieren, was, wie ich befürchte, dem Kalorienverbrauch nur bedingt zuträglich ist.

Bei unseren Flaniergängen stellen wir wieder einmal fest, dass Partnerlook-Jacken hier der letzte Schrei sein dürften. Kaum ein Paar, das nicht in identischen Jacken (meistens in den Farbkombinationen Rot-Grau oder Beige-Grau) durch die Straßen zieht. In dieser Fülle ist mir dieses etwas befremdliche Ritual noch nirgends untergekommen. Haben die Träger Angst, dass sie einander sonst nicht wiedererkennen?

Nach einer Nachmittagspause in unserem schwimmenden und sturmbedingt schwankenden Häuschen nutzen wir dann die relative Abendruhe für eine kurze Ausfahrt. Wir radeln in den Ort Putbus, wo wir Flammkuchen essen, umrunden "unseren" Rügischen Bodden bis zum Badehaus Goor, wo wir noch eine schöne Himmelsstimmung erwischen. Noch ein kleiner Abstecher zum Stadthafen Lauterbach und dann ist es Zeit für Cocooning in unserem 100%-IKEA-Häuschen (Möbel, Geschirr, Küchengeräte allesamt von IKEA, wobei meine neueste Vorliebe dem rückenschmerzfreien KLAPPSTA-Lümmelsessel gilt). Max bereitet uns die zweite Hälfte der oben gepriesenen Tarte au Chocolat zu, ich brüte über dem Blog und drei Tassen Tee. Meine neuesten zwei Sorten: Teebeutel ohne Aufschrift, aber laut Verpackungskarton sollte es Rote Grütze mit Sanddorn bzw. Cranberry mit Sanddorn mit einer Extraportion Vitamin C sein. Ist das ein Trick oder ein Test der Hersteller, die wissen wollen, ob die dämlichen Käufer überhaupt einen Unterschied schmecken?

Im Rahmen unserer Dämmerungsfahrt mit Fahhrad und sturmbedingt nötiger Sonnenbrille in der immerdunklen deutschen Alleenstraße stelle ich fest, dass der Horizont heute wohl wegen meiner dunklen Sonnenbrille und nicht nur wegen des Sturms hüpft, der hier die Berge bereits versetzt und die Radler starken Böen ausgesetzt hat. Ich tappe radtechnisch zwar ein wenig im Dunklen, schaffe es aber heil nach Hause und freue mich, dass wir uns doch noch auf die Räder schwingen konnten – und geschwungen haben! Und jetzt ruft die Tarte mit einem Klecks gelben Pflaumenfruchtaufstrich!

 


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