VERWEGEN

Verwegen ist heute nicht nur der Titel eines Gedichts, sondern auch mein Radausflug gewesen. Was am morgen windstill begann, als ich das Rad mietete und noch vor dem Vormittagskurs haltlos ein wenig durch die Gegend gurkte, entwickelte sich über den Tag hinweg zu wenig erklecklichen Bedingungen.
 
Denn in der langen Mittagpause (immerhin 6 Stunden) schmiss ich mich aufs Rad und über die Dünen. Meine ausgesprochen gute Kondition auf dem Weg nach Keitum und Morsum, immerhin etwa 15 km, entpuppte sich nämlich als Rückenwind. Das merkt man ja bekanntlich immer erst auf der Rückfahrt, was den Heimweg – die Kondi war eben doch nicht das, wofür ich sie gehalten hatte – erheblich verlängerte.
 
In Keitum selbst wollte ich unbedingt in Nielsens Kaffeegarten einkehren. Wer heute zufällig auf dessen Webcam gesehen hat und nur einen einzelnen gelben, kopfschüttelnden Punkt in seinem Gastgarten gesehen hat, darf freudig feststellen, dass er ihn kennt. Woher hätte ich wissen sollen, dass dieser dienstags geschlossen hat?
Alle anderen Lokale in Keitum waren bummvoll – nix mit gemütlich hinsetzen und über einem kleinen Mittagessen oder einer süßen Jause ein wenig vor mich hindichten. Gut, dass ich mir doch statt dem Heim-Mittagessen ein Lunchpaket mitgeben hatte lassen.
 
In Kampen fiel ich dann – 15 Minuten zu früh, denn das Heim liegt um einiges nördlich von Kampen – vom Rad und kehrte bei Sanders ein. Dort wurde ich dann auch zu folgendem Gedicht inspiriert.
 
VERWEGEN
 
rosa tragen als ob es mir stünde
(ohne das wort „tussi“ zu denken)
 
austern schlürfen als ob sie mir schmeckten
(und das ganz laut)
 
boris begrüßen wie einen sandkastenfreund
(dabei hätte ich ihm nie meine schaufel geborgt)
 
zitronensorbet mit wodka bestellen
(und mich betrunken geben)
 
100-euro schein um mich werfen
(zumindest gefälschte)
 
irgendwann
 
 
Verwegen war übrigens auch mein Versuch, mein Handy ohne Max und ohne Anleitung dazu zu bringen, mir einen hiesigen Provider zu suchen und mich telefonieren zu lassen. Auf der Düne stehend kämpfte ich mich durch die Hilfe im Gerät, Tausende Abkürzungen und unzählige angebotene Netzwerk. Nur einmal brauchte ich Hilfe: einen meines Weges kommenden Mann fragte ich plump und zu seiner großen Verwunderung: "Sind Sie Deutscher?" Die Wahrscheinlichkeit war groß, denn außer mir habe ich noch keine anderen Ausländer hier getroffen. Und wirklich: so konnte ich mit seiner Hilfe wenigsten die dänischen von den deutschen Anbietern unterscheiden.
 
Weniger Hilfe hatte ich, a propos, heute Morgen, als mich am Gemeinschafts-WC ein braunes Etwas begrüßte. Es war kein Stein und auch keine Erde. Kröte oder Frosch? Küssen oder nicht? Oder doch lieber das andere WC aufsuchen? Was auch immer es war, war sehr treu: auch 3 Stunden später hockte das Tier, scheinbar noch immer ungeküsst, noch immer am WC.
 
P.S. Ich habe es gestern übrigens noch zum Sonnenuntergang geschafft – sehr schön, sehr warm (zumindest im Strandkorb) und sehr inspirierend.

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