Eines steht bereits nach dem Aufstehen zum mitternächtlichen Prüfen der „In der Schweiz, in der Schweiz, in der Schweiz“-Ergebnisse und Runterklimatisieren des Apartments fest: Leise Stimme werde ich in der Früh keine hören. Denn die, die gestern Morgen noch leise und dann immer lauter einen Wandertag eingefordert hat, stöhnt derzeit nur: „Bist du deppert, Oida!“ und meint damit wohl sich selbst. Der zur Stimme gehörige Körper stakst hölzern durch den Raum und pfeift aus dem letzten Loch – ebendiesen Spruch. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal aus nichts als eigenem Verschulden dermaßen gerädert war. Das ist kein Muskelkater, das ist ein Muskelstegosaurus. Mindestens. Ich muss (hier kommt tatsächlich mal das M-Wort ins Spiel) bis zum Abend fit genug sein, um den Hügel bis zum Kursort bewältigen und den Kurs einigermaßen stöhnfrei absitzen zu können. Bis Donnerstag Früh muss auch die Geländiegängigkeit wieder einigermaßen wiederherstellt sein, denn das soll der schönste Tag der Woche sein und für den habe ich mir gestern in einem Anfall naiver Kühnheit ein kleines „Ich verlass mal schnell die Comfort Zone“-Abenteuer gebucht. Wobei „Comfort Zone“ kann ich in und rund um meinen Körper gerade gar keine feststellen. Er fühlt sich an, als ob mehrere Stegosaurier an mir hängen würden, mein Gang dürfte dementsprechend aussehen. Egal, wir (also mein Körper und ich) werden uns schonen und hoffentlich anspruchslose Tätigkeiten wie Wäschewaschen oder Sketches-Kolorieren bewältigen. Das könnte gehen. Vielleicht. Solange ich nur nicht aufstehen muss, sondern in senkrechter oder horizontaler Lage bleiben kann zumindest. Hatte ich erwähnt, dass die in die die Felsen am Beauty Point Foreshore Walk gehauenen „Stufen“ teilweise so hoch waren, dass ich auf allen Vieren hochklettern musste, mit Rucksack am Rücken und rutschigem Laub unter den Füßen? Weil natürlich sind 16 km jetzt nicht so wahnsinnig viel. Nur das glaubt mir mein Körper heute eben noch weniger als gestern. Nicht, dass Eleganz mein größtes Anliegen wäre, aber heute sollte es das besser auch nicht versuchen zu werden. Jede Lageveränderung entockt mir nämlich Geräusche, die ich noch nie von mir gehört habe. Deswegen beginne ich den Morgen mit lapidarem Wäschewaschen, das sollte gehen.
Angesichts des unentschlossenen Wetters erledige ich mal einen Einkauf; der Kühlschrank ist fast leer und für meinen Donnerstagsausflug brauche ich unbedingt etwas zum Picknicken. Danach, das Wetter ist immer noch unentschlossen, wird einmal ein bisschen an den Sketches gearbeitet, die nasse Wäsche wird regelmäßig strategisch im Raum umverteilt, um die Trocknung zu beschleunigen. Und weil es dann immer noch nicht wie angekündigt regnet, ziehe ich los. Wird wohl nichts mit dem Regen – auch gut. Das schwere Gebein schafft heute keine weiten Strecken, also spaziere ich nur hinüber zum Shelly Beach, verliere mich ewig in Fotoorgien mit Kormoran und Gischt und der Überlegung, ob die Alte Donau, wenn man nur genügend Salz hineingäbe, auch so wunderbar nach Meer riechen würde und die Seele auch so beschwingen würde. Am Shelly Beach setze ich mich auf eine Bank, lese in meiner Wohnzeitschrift und gerade, als es richtig gemütlich wird, wird es richtig ungemütlich. Es beginnt zu gießen. Ich husche ins Boathouse Cafe, ergattere einen letzten, wenn auch etwas exponierten Tisch und will den kleinen shower aussitzen. Klein ist der aber nicht. Ich mache ein paar Sketches, finde den Regen vor den offenen Fenstern sehr spannend und warte, sketche, warte, schaue, rieche und fröstle sogar ein klein wenig. Und warte ein bisschen. Und werde hungrig, esse einen Burger und warte weiter. Irgendwann wird es mir zu doof und ich verpacke mein Hab und vor allem mein Gut so wasserfest wie es geht, spanne den instinktiv eingesteckten Knirps auf, der allerdings seit dem Bruch mehrerer Arme keine Wunderheilung erfahren hat, und spaziere schließlich durch den Regen nach Hause. Dort kann ich die feuchten Habseligkeiten gleich inmitten der noch feuchten Wäsche zum Trocknen aufbahren und mich gleich daneben – im Bett, abwechselnd mit dem Laptop, einem Buch, einem Sketch oder einem Flascherl „Shake me Baby“ in der Hand. Der Rest des Tages bleibt durchwachsen, was mir aber nichts macht, denn von fad bin ich noch ein Weilchen entfernt. Bleibt nur zu hoffen, dass es sich bald ausgeregnet hat und ich a) trocken zum Kurs komme und b) morgen wieder mehr Action im Freien möglich ist. Yeah.
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