Sonntag, 13/03/2016 – What’s with the weather? oder: Hurry up, little fairy!
Jetzt sollte sie sich besser mal ins Zeug legen, die im gestrigen Blog beschworene little fairy. Die ersten Gedanken zum noch jungen Tag (Sonntag, 6:25 Uhr) befassen sich mit den Fragen, a) welchen Teil meiner Wünsche die little fairy nicht verstanden hat bzw. warum sie nicht die big fairy zu Hilfe geholt oder wenigstens bei mir um Klarstellung ersucht hat, b) wieso Australien nicht längst mit dem weltleisesten und weltfeinsten Regen ins Guinness Buch der Rekorde eingegangen ist und c) wieso es keine eindeutigen Wetterprognosen gibt, wie etwa „Feuchte Füße“, „Verdrossener Max“, „Grumpy Andy“ oder „Versauter Tag“. Stattdessen heißt es „40% chance of rain“, „clearing rain“ oder „scattered showers“, was aus meiner australischen Erfahrung heraus wirklich alles von blauem Himmel bis zu verdrießlichem Dauerregen bedeuten kann. Ja, es gibt sogar die Variante „70% chance of rain“ in Verbindung mit „0 mm precipitation“, also Null Niederschlag, was mein mathematisch sowieso nicht überausgestattetes Gehirn vor massive Logikprobleme stellt.,
Als wir aus dem Camper steigen, um zum amenities block zu gehen, melden die Füße „nass“, die Haare „feucht“, der Kopf „unerklärlich“. Es nieselt dermaßen fein, dass man es nicht hört und eigentlich auch erst sieht, wenn man auf den Boden oder die Scheiben schaut oder der Blick durch die Brille sehr seltsam verschmiert wird.
Ich versuche es mit einem neuen Mantra: Hurry up, little fairy, mach mal hinne (nur für den Fall, dass sie zweisprachig ist) und freue mich darüber, dass ich mir wenigstens das Waschen der Füße erspare, solange ich nur in Flipflops gehe. Dann mache ich ein paar Sittenbilder (ohne die morgendlich zerknitterte Dama aka ich) und stelle fest, dass ich erhört wurde. Allerdings nicht von der little fairy, sondern nur vom Regen, der nun auch Laut gibt und an die Fenster klopft und durch die offene Campertür den offenen Löskaffee aufzuspritzen versucht, während mein Körper weiterhin langen Ärmeln und Dreiviertelhosenbeinen fremdelt, die er nun 4 Wochen in Sydney nicht über sich ergehen lassen musste.
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Neben der weiteren Wetterentwicklung ist auch unklar, ob wir heute überhaupt eine Chance auf ein paar Koalas auf Raymond Island haben. Wären wir doch noch gestern abend gefahren, aber da hatten wir uns für heute früh noch besseres Wetter und mehr Energie erhofft! Naja, win a few, lose a few. Und wo wir heute übernachten werden, denn der für die nächsten beiden Tage und Nächte geplante Nationalpark Wilsons Prom hat erst übermorgen eine powered site frei und ansonsten gibt es kaum brauchbare Campingplätze, wie wir aus früherer leidvoller Erfahrung wissen – und auch Cabins etc. sind allesamt ausgebucht. Das wäre uns in Hinterstoder nicht passiert, aber dort würden auch die Menschen nicht fröhlich pfeifend über den Campingplatz gehen und so süße Sachen im Duschraum sagen wie: „Got ourselves a bit of a weather here, darling, haven’t we?“ Würden uns auch keine vermutlich triefenden Kakadus und Papageien besingen und jedenfalls würde Max nicht 5 Mal pro Tag (gefühlte 25 Mal) zum Besen greifen und fegen, was das Zeug hält. Wenn er nur ein Zehntel so oft zuhause staubsaugen oder gar -wischen würde, wären wir endgültig und unwiderruflich das glücklichste Paar in der Viehtriftgasse, aber das weiß er wohl nicht.
Der Tag setzt sich auch nach unserem Aufbruch wie so oft nicht nur grau in grau, also schwarz-weiß, fort, sondern auch mit einer Entscheidung. Sollen wir bei dem Dauernieselregen überhaupt versuchen, die Koalas auf Raymond Island zu sichten, zahlt sich der Umweg aus? Die Dame am Campingplatz sieht mich verwundert an, als ich sie beim Auschecken nach dem Wetter frage, meint, dass das nun wohl so bleiben würde, sieht mich nochmal an und meint dann lapidar: „You’ve got a jacket. What’s to worry?“ Wie recht sie doch hat. Wir fahren also nach Paynesville, von wo die kostenlose 5-Minuten-Fährenüberfahrt nach Raymond Island startet. Und als wir dort aus dem Auto aussteigen, besinnt sich die little fairy einiger meiner sonntäglichen Gesuche und dreht den Regen ab. Und während wir auf die Insel übersetzen, drapiert sie eine Vielzahl von Koalas in den Bäumen der Insel, die man beim Spazierengehen darunter in geringer Höhe beim glücklichen Dösen oder neugierigen Herunterblicken auf uns entdecken kann. Zudem lässt die little fairy den nächsten Schub Koalaspotters noch länger schlafen, damit wir in aller Ruhe herumflanieren können! Danke, little fairy, das hast du ganz wunderbar gemacht!
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Über Sale fahren wir danach weiter gen Osten, mal mit Regen, mal ohne. Da wir nicht wussten, dass morgen in Victoria (aber nur in diesem Bundesstaat) Labour Day und somit langes Wochenende und alles ausgebucht ist, haben wir bei der versuchten Vorabbuchung für den Wilsons Promontory Nationalpark ja erst für Montag, also morgen, abend einen Stellplatz reservieren können. Notgedrungen brauchen wir also vorher eine Bleibe und finden diese im Minikaff Foster, wo wir notdürftig auf einem ebenfalls ausgebuchten Caravan Park eingeparkt werden. Sehr hässlicher Ausblick, aber it does the trick und positioniert uns recht gut für den morgigen Tag, den wir eher zu Fuß durch den Nationalpark wandernd als anreisend verbringen möchten. Doch zuvor fahren wir trotz des bedeckten Himmels noch einen kleinen Umweg über Seaspray, einen Ort, der am 90 Mile Beach liegt, denn wir wollen unbedingt diesen endlosen Strand sehen. Und sind unglaublich beeindruckt. Erstens immer noch von unseren Koalabegegnungen und andererseits von der endlosen Weite des Strandes, den witzigen Sandskulpturen und von der little fairy sowieso. Ein Tag, der um 7:30 Uhr morgens schon verloren aussieht, um 11 Uhr vormittags aber dank guter Entscheidungen und vieler Koalas bereits gewonnen ist, kann nur ein guter sein. Ich hoffe, die little fairy liest dieses Blog und freut sich, dass sie uns heute auf die Luftsprünge hat helfen können und setzt morgen ihre guten Taten fort! |