So sieht er also aus, der perfekte Tag. Dabei standen die Vorzeichen auf tierischer Ebene ja nicht gut, denn die bisherigen Koalasuchversuche verliefen sich ja allesamt im Sand.
Doch das Glück geht so: Der Regenguss gestern Abend war nichts als eine lustige Laune der Natur, die Schuhe und Füße etwas gatschiger zurücklässt, als sie diese vorgefunden hat, und auch der wunderbare Sonnenaufgang am Strand von Bonny Hills ist eine Laune der Natur, eine höchst liebenswerte noch dazu. Ich stehe bis zu den Knöcheln im bacherlwarmen Meerzulauf und sehe zu, wie das Land erwacht. Kurz später folgt Max ihrem Beispiel und wir machen, was wir morgens am liebsten tun: eine Runde spazieren gehen und im Idealfall so wie heute einen kleinen Cache heben. Und im noch idealeren Fall ein paar Rosenkakadus (Galahs) in den Bäumen und auf den Leitungskabeln entdecken. Und das Prachtwetter genießen, bei dem man nicht nachdenken muss, ob die Hose Beine bräuchte oder das T-Shirt Ärmel oder womöglich gar die Schuhe mehr als zwei Riemchen zwischen den Zehen (Wanderungen selbstredend ausgenommen).
Dann fahren wir zum Hat Head National Park, wo es Wallabys und tolle Aussichtspunkte geben soll. Die Illusion mit den Wallabys zur Mittagszeit nimmt man uns recht schnell, doch der Walk ist ein Wahnsinn. Die Ausblicke auf türkisblaue Meeresschattierungen, die mit Pandanus-Bäumen (die wie Riesen-Yuccas aussehen) überwachsenen Felsen, die Schäfchenwolken über zartgelbem Sand – ein Bilderbuch könnte nicht schöner sein. So kommt es auch, dass ich in den 90 Minuten, die wir diese Landzunge erklimmen und bewandern, circa jeden Satz mit dem Wort „Wahnsinn“ beginne. Manchmal belasse ich es auch bei diesem einen Wort und einem fassungslosen Kopfschütteln über die Schönheit dieses uns bislang unbekannten Fleckchen Erde. Die ersten zehn Mal fühlt sich Max noch bemüßigt, eine Antwort auf meine Wahnsinnsselbstgespräche zu geben, doch bald erkennen wir, dass heute besser ein Tag ist, wo ich reden darf, soviel ich will – und er schweigen, soviel er will. Einige Riesenschmetterlinge und ein hinkendes Possum sowie süße Fische in einem glasklaren Bach sind eine weitere Draufgabe, auch wenn das mit den Wallabys nichts wird. Nicht einmal „roo droppings“ finden wir hier.
Wir sind ein bisschen enttäuscht und wollen weiterfahren nach Nambucca Heads, als wir eine spontane Entscheidung treffen. Vielleicht sollten wir, obwohl es schon recht spät ist und wir ja auch noch vom Campingplatz-Pool etwas haben möchten, doch besser nach South West Rocks fahren. Auch hier gibt es die Chance auf Kängurus in freier Wildbahn. Am Abend vielleicht, wenn schon nicht in der ärgsten Nachmittagshitze?
Doch wieder werden wir eines Besseren belehrt. Beim Versuch, uns zu orientieren, stellen wir fest, dass wir direkt vor einer Touristeninfo parken – also hinein mit mir und mir alles von der Leber reden: „We would love to see roos or wallabys in the wild. Any chance?“ Und siehe da, in diesem kleinen Städtchen warten sie in der Little Bay auch nachmittags in Scharen auf uns. Dazu ein wahnsinnig schöner Blick auf die Bucht und ich bin high, als ob ich Drogen genommen hätte. Ich springe aus dem auf den Parkplatz einfahrenden Auto und knipse, bis die Kamera stöhnt. Eine Mutter mit Joey hat es mir besonders angetan. Als ich mich nach 376 Fotos müde geknipst habe, suchen wir uns einen Campingplatz und machen die nötigen Erledigungen: Pool und Abendessen.
Dann aber steht noch eine Ausfahrt an: zum Sonnenuntergang sollen sich weitere roos am Flussufer bei der Riverside Tavern einfinden, und das tun wir auch. Gerade noch rechtzeitig, als noch Sonne auf die roos fällt und wir unsere Schatten in die Fotos einbringen können. Dann sitzen wir im Auto, ich lade dank Wifi der Taverne Fotos im Schneckentempo hoch (wir müssen unser Datenvolumen schonen!) und sehen zum Fenster hinaus – auf der einen Seite die roos, die in der Dämmerung ihre Spielchen treiben, auf der anderen Seite der Sonnenuntergang, dazwischen ein Laptop auf dem Weg ins Internet.
Glücklichsein macht müde, und heute bin ich wahnsinnig müde. What. A. Day.
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