Zugegeben, es gibt Erkenntnisse, die mir leichter von der Hand gehen. Die mir schneller von der Hand gehen. Und die weniger monumental sind. Dennoch: ich bin höchst erfreut darüber, dass ich endlich weiß, warum ich kein Vorderstoder-Reisetyp bin, der für ein bisschen Abenteuer und Abwechslung mal nach Hinterstoder fährt. Ich liebe die Überraschungen. Vor allem natürlich, wenn sie erfreulicher Natur sind, wie etwa der sternenklare Nachthimmel über dem One Mile Beach Holiday Park nach dem Abendregen und der strahlendblaue Morgen über selbigem Strand, nachdem zu Sonnenaufgang noch Dunst über der Landzunge lag.
Weitaus weniger liebe ich Überraschungen dann, wenn sie etwa bedeuten, dass die Koalas von der Gan Gan Road direkt neben dem Campingplatz sich irgendwann zwischen 2013 und heute ein anderes Zuhause gesucht haben und nicht einmal im Tilligerry Koala Reserve mehr auffindbar sind und wir uns damit mit Kenny the Koala als Beifahrer im Auto begnügen müssen.
Der Strand am Morgen ist fantastisch, die Wellen so gigantisch, dass ich nur bis Wadenhöhe ins Wasser gehe und bis zum Haaransatz nass herauskomme. Einmal Vollwäsche mit viel Salz bitte, Glücksfaktor „Hoch“! Ebenso wie jener der handverlesenen Tischdeko in Muschelform, die ich von diesem Strandausflug mitbringe. (Wobei ich zugeben muss, dass wir zwei Anfängerfehler unterlaufen: Ohne Hosentasche oder anderes Behältnis an den Strand zu gehen, grenzt an Dummheit. Ohne Reserveakku zum Sonnenaufgang zu marschieren, ist Dummheit.) Dekadent hingegen ist es, an diesem wunderschönen Strand per Standbild mit Marcel Hirscher mitzufiebern, wie er „nur“ die Silberne bei der WM „für uns“ herausholt. Prompt summe ich „Merry Christmas everyone“ – das Konzept Winter ist einfach so befremdlich, dass ich es offensichtlich nur singend bewältigen kann.
Im besagten Tilligerry Koala Reserve spazieren wir über den uns schon vertrauten Boardwalk durch einen traumhaften Eukalyptuswald direkt am Meer, verrenken uns zwar den Nacken, doch kein Koala versüßt uns diesen Valentinstag. In den Bereich der Überraschungen fällt auch der Anblick meines alten „Ich“ aus dem vorigen Jahr, denn beim Sichten der Handy-Fotos entdecke ich darauf eines, auf dem mein Kopf etwas trägt, was den Ausdruck „Frisur“ verdient. Hatte ich so etwas jemals wirklich? Glatt gefönt, glänzend und nicht struppig, ruppig, verklebt von Sand, Salz und Wind, zusammengedrückt von Schirmkapperl und Schweiß?
Egal. Weil wir beschlossen haben, auf dieser uns prinzipiell schon vertrauten Route nur die absoluten Highlights zu wiederholen (siehe One Mile Beach und der Versuch über die Koala-Sichtungen) und uns ansonsten neue Plätze anzusehen, fahren wir erstmals nach Newcastle. Der Lonely Planet-Reiseführer hat, wie wir finden, übertrieben – soooo toll ist diese Stadt wahrlich nicht. Doch das Faststrandcafé „Estabar“ mit leckerem Brekky und Chocolate Affogato (dicke heiße Schokolade über Eiscreme gegossen) kann was, ebenso wie der kleine Walk zum einem Cache mit Aussicht.
Für den Abend steuern wir diesmal die Gegend um die Great Lakes an, wo wir nach einigem Suchen auch einen Campingplatz mit verfügbarer „powered site“ finden: Smugglers Cove im Örtchen Forster ist ein am Wasser gelegenes Kinder- und Moskitoparadies, aber auch wir Erwachsenen haben unsere Freude. Gratis Wifi zum Beispiel finden wir ganz „awesome“ (zumindest bis wir feststellen, dass der Spruch „there is no such Thing as a free lunch“ auch auf Wifis umzulegen ist (weitere Erkenntnis des Tages) und dieses nur bei der Rezeption und dort nur grottenschneckenlangsam vor sich hin rödelt, dass man nebenbei zum Supermeditationsguru werden könnte), ebenso wie die Steaks vom Barbie (Barbecue) und den wunderbar kühlen Wein, genossen vor unserem Camper in Shorts und T-Shirt. Life is good. Surprises are, too. (Mostly.) Happpppy Valentine, mein Schatz und Ihr alle Schätze da draußen!
|