99 Tage Sommer – Let the summer begin!

 

“Twenty years from now you will be more disappointed by the things that you didn't do than by the ones you did do.

So throw off the bowlines. Sail away from the safe harbor. Catch the trade winds in your sails. Explore. Dream. Discover.” – Mark Twain

Wir schreiben den Tag "Minus 1". Den Tag vor dem Abreisetag, dem magischen 12.12.2012. Andere treten vor den Traualtar, wir vor den Gepäckschalter. So hat eben jeder seine Präferenzen. Meine sind derzeit etwa 17 kg schwer und passen in ein hoffentlich nicht nur praktisches, sondern auch zielstrebiges Trolley. Obwohl Zielstrebigkeit bei unserem Gepäck eine ebenso unerwartete Eigenschaft darstellt wie, sagen wir, mathematisches Talent bei mir, aber man kann ja nie wissen.
Fürs Protokoll: Vor meinem Fenster schneit es dicke Flocken, richtig wunderschöne Bilderbuchflocken, sie tanzen vor meinem Fenster und lassen mich ganz wunderbar kalt, nein, sie machen sogar Lust auf einen Schneespaziergang, einen letzten Schneespaziergang in diesem Jahr wohlgemerkt. Als ich das Fenster kurz öffne, um Fotos für dieses Blog zu machen, drängen sie herein, als ob es herinnen etwas gratis gäbe. Schokokekse, heiße Schokolade oder einen meiner legendären Apple Cobblers vielleicht. Mit nichts davon kann ich aufwarten, der Kühlschrank ist nahezu leer gegessen, der Tiefkühler hat kurz entschlossen am Wochenende seinen Dienst für immer niedergelegt und uns stundenlange Arbeit am offenen Tiefkühler und unserer lieben Nachbarin jede Menge tiefgefrorener Backzutaten beschert.
Was ich hingegen reichlich zu bieten habe, ist Chaos (so wie die Sehr Geehrte Vorfreude ohne Messbarkeit, da ohne offizielle Einheit), Listen, ein wie ich finde angemessenes Portiönchen dieser herrlich kribbeligen Vorfreude und gute, wenn auch ein wenig unstrukturiert gute Laune. Während hier am Schreibtisch das Chaos schon eher in der Minderheit ist, ist dieses im Wohnzimmer im Umfeld dessen, was morgen auf ein Handgepäck komprimiert werden soll, und vor allem in meinem Studio, das seit vielen Tagen zum Packsalon umfunktioniert wurde, eher dicht gesät. Um genau zu sein, müsste man ihm das Adjektiv "nahezu unüberschaubar" voranstellen, aber wir wollen mal nicht dramatisieren. Macht Euch einfach selbst ein Bild davon.

Die Listen legen eine Fülle anstehender Entscheidungen nahe: Welche Daten müssen mit? Welche Akkus? Welche Adapter? Welche Reiseführer? Welche Bücher? Was muss ins Handgepäck für den Fall, dass das mit der Zielstrebigkeit unseres Gepäcks wieder einmal nicht klappen sollte? Zu meiner Rechtfertigung muss ich allerdings sagen, dass die wirklich wichtigen Fragen bereits vor Wochen beantwortet wurden: Welche Reisetagebücher müssen mit (Plural wohlgemerkt!)? Welche Flipflops? Welches fröhliche Badetuch? Wobei letzteres ja eine grundlegende Frage aufwirft: Nimmt man von allem das mit, was man schon lange wegwerfen wollte, damit sich dann bei der erstbesten Gelegenheit etwas Neues kaufen darf? Oder nimmt man lieber doch die schönen Stücke mit, mit denen man von Anfang an adrett aussieht und sich richtig gut fühlt? Das ist ein bisschen wie mit den Duschbädern. Die einen verreisen prinzipiell mit einer Großfamilienpackung der Stammmarke, um im Ausland keinesfalls den Duft der Heimat der Marke "Fa" oder dergleichen missen zu müssen. Und dann gibt es die kleinen AbenteurerInnen, die nur mit einer fast leeren Packung verreisen, um dann in exotischen XXL-Supermärkten stundenlang durch die Gänge zu streifen und sich ein neues, unbekanntes, aber sicher viel tolleres Duschbad anzulachen – mit all der Muße, die einem ein eventuell nicht so abenteuerlustiger Partner zugesteht. Ich erinnere mich noch heute an den Besuch eines "Walmart"-Drogeriemarkts in Las Vegas, wo alles von Haus aus in einer Supermegariesenauswahl kommt – so auch die Duschbäder. Die Freude, als ich nach gerade mal 20 Minuten (gefühlten 3 Stunden für Max) ein Duschbad mit dem herrlich fruchtigen Duft von Pfirsich mit einem Hauch Frangipani-Blüte an mich raffen konnte, werde ich nie vergessen. Sie hat leider Lust gemacht auf mehr dieser kleinen Shopping-Abenteuer. Wobei, das sage ich nur dazu, falls eine Airline über dieses Blog stolpern sollte, das nicht heißen soll, dass man uns mitgebrachte Duschbäder durch Verschlampen oder Vergessen unserer Koffer vorenthalten soll. Nein. Nein. Nein.

Wenn ich nicht von derlei monumentalen Überlegungen abgelenkt werden, mustere ich unerschrocken aus, entsorge dabei auch gleich die Hälfte der Listen, und bald auch die zweite Hälfte, da sich diese bereits selbst überholt haben. Einmal noch Wäsche waschen in der eigenen Waschmaschine, einmal noch Ordnung machen, einmal noch 47 Mails am Stück schreiben, einmal noch 89 Lurchkugeln finden, bestaunen und entsorgen, einmal noch die heimische Zeitung aus der verschneiten Mailbox holen, einmal noch echt österreichische Fastenmilch trinken, einmal noch Salbeizuckerl statt Eiscreme lutschen, einmal noch Winterjacke statt T-Shirt, einmal noch Auto vom Schnee anstatt vom Sand befreien, einmal noch die Akkus aller Geräte aufladen, einmal noch die Alte sein, einmal noch schlafen. Dann ist Weihnachten. Oder so. Minus 1 hat sich nie besser angefühlt!

P.S. Was hat 460.700 Zeichen und macht richtig glücklich? Nein, kein episches Flugticket, sondern unser soeben abgegebenes Manuskript für unser Buch "111 Gründe, Wien zu lieben"!


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