Das heutige Erwachen gestaltet sich ebenso grau wie das gestrige. Großer Unterschied: der Lärmpegel (als ob ich beim gestrigen Blog-Titel "Regen auf Rügen, der leiseste" bereits geahnt hätte, dass der Regen hier auch anders kann). Denn heute fegt ein Sturm über die ruhige Bucht (und zwar aus genau der entgegengesetzten Richtung wie gestern, was heißen könnte, dass es das gestern abgezogene Morgenschlechtwetter gerade wieder herpeitscht). Die See ist so unruhig wie die Fahnen im Wind; die Schwalben können oder wollen sich scheinbar nicht auf den zwischen den Booten gespannten Tauen halten und flüchten auf unsere Terrassenbalustrade. Wären sie nicht so klein, sondern etwa so groß wie die gierigen Riesenmöwen in Stralsund gestern, die sehr auf unsere Fischbrötchen gespitzt haben, kämen noch stärkere Assoziationen an Hitchocks "Die Vögel" auf.
Beim gestrigen Stralsund-Besuch verfestigte sich auch mein Ostsee-/Norddeutschlandwortschatz. Oder wusstet Ihr (Chrissi, die norddeutsche Fachfrau natürlich ausgenommen), was der Gruß "Bommine" heißt. Das sagen nämlich die Verkäuferinnen im Laden, wenn man bezahlt hat und sich verabschiedet. Nach mehrfachem Nachfragen kommt auch die Langform dazu: "Woinsebommine". Aber nach dem 10. Geschäft hab ich's entschlüsselt (der lebende Beweis dafür, dass Shopping bildet): Es heißt "Wollen Sie den Bon mitnehmen?" Das erinnert mich an die Geschichte über eine Deutsche in Österreich, die stolz erzählte, dass sie nun endlich die Wiener Verabschiedung kennt: "Asakala", was ja eher japanisch anmutet. Auch sie ist einer Verkäuferin auf den Leim gegangen. Denn sie wurde nach vollendetem Einkauf gefragt: "Ein Sackerl auch?", umgangssprachlich "A Sackerl a?"
Ich blicke also auf den vor mir liegenden Regentag (der übrigens auch so angesagt war) und bin uneins mit mir, ob ich mich ärgern oder freuen soll: einen ganzen Tag ungehemmt Lesen, Klönen und Basteln (abgesehen davon, dass ich kaum für letzteres ausgestattet bin), hat schließlich auch was für sich. Wie war das als Kind? Hat mich in den Ferien ein Regentag gestört? Oder ist es einfach so, dass man als Kind gar nicht hadert, nicht hinterfrägt, sondern sich einfach zurückzieht mit wasauchimmer? Da fällt mir ein: ein paar Klitzekleinigkeiten hab ich mir ja im idee creativmarkt in Dresden zugelegt – jetzt kann ich den Vormittag damit verbringen, die richtige Tüte zu suchen und den Nachmittag damit, diese zu verbasteln!
Allein: aus weiteren Pfötlingsstrickprojekten wird wohl nichts (wobei hier wohl eher wasserabweisende Ganzkörperverhüllungen angebracht wären). Ich hatte bewusst meine kargen Wollreste zuhause gelassen, da ich sicher war, dass es hier an jedem Eck ein Wolllädchen oder eine Wollstube geben würde. Weit gefehlt! Strickzubehör ist mir hier (auch in Stralsund nicht) bislang weder tot noch lebendig untergekommen, wobei das eine vielleicht die Folge des anderen ist. Denn die einzigen Schafe, die wir bisher entdeckt haben, waren jene im Buch "Fiete Anders" über das süße rot-weiß-geringelte Schaf, das nirgends dazu gehört (übrigens ursüß gezeichnet), weil es eben anders ist. A propos Bücher: höchst empfehlenswert ist auch "Mein Rügen" von Claudia Rusch, die wunderschön und sehr anschaulich das Leben auf Rügen einst (vor der Wende) und heute beschreibt.
So sitze ich nun also bei gar nicht leisem Regen, von außen umzingelt von Hunderten Schwalben, innen umzingelt von einem mittlerweile recht ansehnlichen Stapel Büchern (damit kämen wir locker 2 Wochen aus) und meiner Tasse Tee und freue mich, dass ich gestern Abend noch die Energie für den Radminitrip aufbrachte, um noch schnell ein paar Sonnenfotos unter Dach und Fach zu bringen (schade allerdings um die endlos optimistisch für heute ausgetüftelte Radtour). Jetzt stehen unmittelbar nur mehr zwei Fragen im Raum: Milchreis-Frühstück oder Brötchen? Ostseekrimi oder Kolumnenbuch von Marian Keyes?
Gut jedenfalls, dass wir gestern im Mega-Supermarkt im Citti-Park outbackmäßig gebunkert haben und für den absoluten Regen-Langweil-Notfall sogar eine Fertigbackmischung für einen Schokokuchen gekauft haben!
Unser Stilleben mit herrlicher Teeauswahl (vielleicht werd ich hier noch zur Teetrinkerin?) und gestern gepflückten Blumen: |
Der obligate Spinnenbesuch in der Dämmerung und der neue Schwalbenbesuch am Morgen: |
Erinnerung an gestern: |
nee – lach – auch ich hätte das nicht gewußt. Im Norden werden so viele Dialekte gesprochen, das ist mecklenburger platt…klingt aber interessant, überlege gerade ob ich das unseren Kunden auch mal so fragen soll ob sie den Bon möchten.
Citti Park ist doch klasse, den liebe ich – gibt es von dem Prinzip hier bei uns in Kiel auch. Viel Spaß heute noch