New Year’s Day in New York City: Déjà-vu mit vier Beinen

Das Jahr beginnt trocken und mit reichlich Wissensaufbau:

1.) weiß ich nun endlich, worum es sich bei dem viel besungenen BLUE MOON handelt – um den 2. Vollmond innerhalb eines Monats, wie er scheinbar weltweit (oder nur auf der Nordhalbkugel) derzeit zu bewundern ist

Blue Moon
You saw me standing alone
Without a dream in my heart
Without a love of my own
Blue Moon
You know just what I was there for
You heard me saying a prayer for
Someone I really could care for


A propos Moon: ungeklärt ist weiterhin die Frage, worum es sich bei einem "Harvest Moon" handelt. Sachdienliche Hinweise werden gerne entgegengenommen. Andernfalls hoffe ich, dass ich am nächsten Neujahrstag auch diesbezüglich Wissen werde zulegen können.

2.) weiß ich nun, wie oder besser wo man den Wind Chill Factor berechnen kann, auch wenn man es manchmal vielleicht gar nicht so genau wissen will – hier….

Note: Wind Chill Temperature is only defined for temperatures at or below 50° F and wind speeds above 3 MPH. Bright sunshine may increase the wind chill temperature by 10 to 18° F.

3.) weiß ich nun auch (danke, Max, war gar nicht notwendig!), warum man in NYC immer ein Handy bei sich haben sollte. Wenn mann nämlich am Weg zum Frühstückholen um 9 Uhr morgens im Lift stecken bleibt und die Aufzuggesellschaft nicht antwortet, könnte das hilfreich sein. Nun gut, sie hat geantwortet und der Hausbesorger konnte Max schließlich – noch immer ohne Bagels – aus dem Aufzug befreien.

Max: das Schärfste an meinem unfreiwilligen, ca. 10-minütigen Liftaufenthalt war, dass trotz meines Sturmläutens der Hausmeister eigentlich nur zufällig des Weges kam und mich befreite. Das schrille Läuten der Liftglocke alarmiert hier niemanden, denn erfahrungsgemäß wird angenommen, dass es sich nur um Lausbubenstreiche und keinen "echten" Notfall handle. Sehr aufbauend. Na egal, da ich in der Zwischenzeit per eingebautem Notruf mit der Aufzugsservicefirma gesprochen hatte und ein Servicetechniker sich bereits auf dem Weg gemacht hatte, wäre ich irgendwann sowieso befreit worden. Und wer jetzt die Rechnung für den Notruf begleichen darf, ist mir ziemlich powidl – ich werde es nicht sein.

4.) weiß ich nun, dass es nicht okay ist, Max' ungewolltes Innehalten im Aufzug so kurz abzuhandeln. Denn als wir eine Stunde später gemeinsam das Haus verlassen wollen, passiert uns dasselbe. Wir stecken gemeinsam im Aufzug fest. panik Panik PAnik PANik PANIk PANIK! Der Aufzug ist ohnehin recht groß, aber ich muss mich total zusammenreißen, nicht auszuflippen. Wir läuten läuten läuten läuten und endlich endlich höre ich irgendwo eine Türe und eine Frau befreit uns, bevor auch ich den Nottaster für die Verbindung mit der Aufzuggesellschaft drücke! Ich könnte unserer Retterin um den Hals fallen, denn das war wirklich eine schrecklich beklemmende Minute!

Dann aber gehts los. Wir fahren nach Coney Island (für schräge Fotos hier klicken), eine alte Strandidylle, die eigentlich nur im Sommer recht belebt ist – viele Hot Dog-Buden (auch der berühmte Nathan's), Lokale, Hochschaubahnen, Riesenräder – aber jeden 1.1. ein besonderes Spektakel bereit hält, wie es auch in Norddeutschland (glaube ich) und in Holland praktiziert wird. Nur vermutlich nicht mit soooo vielen soooo schrägen Leuten. Punkt 13 Uhr erfolgt der Anpfiff für den Sturm ins kalte Wasser: Menschen mit wirklich jeder Körperform ("Figur" ist in vielen Fällen zu hoch gegriffen), lustigen Hüten (ich denke an eine "Happy Birthday"-Mütze, die aussieht wie eine knallbunte Geburtstagstorte oder an diverse Wikinger-Hüte), witzige Outfits wie frisch aus der Thermenlandschaft in Bademantel und Badeschlapfen, knappe Höschen an weniger knappen Pöpschen, Hunde in Kapuzen-Anoraks, Transvestiten-Outfits und unzählige mehr. Für mehr Impressionen siehe obigen Link!

Die Sonne blinzelt manchmal durch die Wolkendecke, der Sand kriecht in die Schuhe, wir sehen einen Silberstreifen am Horizont und bummeln durch einen Beach Shop, wo man sich auch spontan noch zum Mitmachen beim New Year's Day Swim entscheiden kann. Flipflops, Shorts, Badegewand, Handtücher, die auch als Sweater fungieren – alles ist da. Nur das Sonnenöl nicht – aber das braucht man heute wirklich nicht!

Eine Sehr-alt-Herrenband rockt sich weg, wir kosten Corn Dogs (Würstchen im Maismehlteig am Stiel) und Knishes (so viel wie eine Teigtasche mit einer Fülle aus gebackenem Kartoffelpüree) und genießen den Rummel. So beginnt das Jahr – abgesehen von den Aufzugpannen – sehr gut!

Nur kurz droht ein schlimmes Déjà-vu, diesen netten Tag aus dem Lot zu bringen. Aus dem Augenwinkel nehme ich in all dem Rummel nach dem Schwimmen wahr, wie mich eine Frau mit einem sehr großen, sehr kahlen Tier über der Schulter überholt. Klingelt es jetzt bei meinen StammleserInnen? Ja, ich befürchte kurz, dass ich auch hier – wie schon Tage zuvor im Chinatown von Queens in einem sehr urigen chinesischen Lokal – mitten in die Anlieferung sehr großer, sehr toter Tiere geraten bin. Doch nein! Viel besser! Thematisch passend zum "Polar Bear Club" trägt diese erwachsene Frau einen riesigen Plüscheisbär durch die Menge. Dass sie einen Eisbären als Rucksack verwendet, ist da nur mehr ein kleines Detail am Rande. Erleichterung! Begeisterung! Das nenne ich echte "free spirits"!

Danach geht es wieder zurück nach Manhattan und wir begeben uns erneut auf Geocaching-Schatzsuche. Der Cache sollte nicht schwer zu finden sein, doch wir scheitern, obwohl wir fest überzeugt sind, den richtigen Ort gefunden zu haben. Mit Holzstäben graben wir den halben Central Park um, um ein Versteck zwischen Wurzeln freizulegen, doch alles, was wir damit erreichen, ist – NEIN, nicht der eine oder andere befremdete Blick, denn unser Tun kratzt hier keinen! – sondern eine ziemliche Unordnung in der Nusslagerungslogistik der unzähligen Eichhörnchen. Sorry, ihr Lieben! Unser Mail an den Cache-Besitzer tröstet uns ein wenig: in den letzten Tagen sind einige Leute daran gescheitert und mussten ein DNF (Did Not Find) online eintragen. Sein Sohn wird das Versteck morgen nach der Schule überprüfen – was uns aber nicht mehr hilft, denn nochmal kommen wir wohl nicht mehr in diese recht entlegene Ecke des Central Park.

Abschließend besichtigen wir noch das Guggenheim Museum von Frank Lloyd Wright sowie die abendliche Fifth Avenue aus dem Bus. Obwohl ich dachte, dass heute alle Geschäfte geschlossen sind, scheint das in dieser Shopping-Meile nicht zu stimmen. Hier geht es so zu, dass wir froh sind, das Treiben aus dem Bus im Schritttempo beobachten zu können. Die Geschäfte sind wunderschön, edel und ausgeflippt beleuchtet und wäre ich nicht schon so müde, würde ich am liebsten alle 77 Blocks bis zu unserem Apartment zu Fuß gehen (Max: ohne mich, habe in dieser Stadt schon genug Schuhsohle abgelatscht), um in Ruhe fotografieren zu können. Doch "mit Ruhe" würde es hier nicht spielen, also genieße ich den warmen Bus. Ein toller Jahresbeginn, auch wenn wir ein wenig traumatisiert den Aufzug beim Heimkommen nur einzeln und hintereinander nehmen, sodass im Fall des Falles eine/r den/die andere/n befreien kann.

 


Kommentare

New Year’s Day in New York City: Déjà-vu mit vier Beinen — 2 Kommentare

  1. …noch was zu der Band mit dne "alten Mänern" – als ich die Bilder sah…(ich dachte an einer lahmen Rentnerband) – na ja – sind wir nicht die Generation von The Who, Eagles, DireStraits, Rollings Stones? Die sehen ja auch so aus ..denke das geht schon klar 🙂

  2. Stimmt, auch in Norddeutschland gibt es Leute die das Eisbaden machen…ich brauche da gar nicht erst mitreden – für nichts in der Welt bekommt man mich ins kalte Wasser! So skurril wie die aussehen – hut ab!
    LG Chrissi

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert