99 rote Strände und ein blaues Wunder

So, wie wir uns vom Vortag verabschiedet haben – ziemlich blauer Himmel, ziemlich süße Langohr-Bunnies neben dem Camper – begrüßen wir ihn auch. Es folgt, was folgen muss: die Einlösung eines Versprechens. Denn im Juli 2008 hatte ich mir hier fest vorgenommen, a) unbedingt mal im hiesigen Sommer herzukommen und b) dann ebenso unbedingt im Rockpool von Narrabeen schwimmen zu gehen.

Und solche Versprechen halte ich besonders gerne ein. Auch das Aufstehen mit der Sonne um 6 Uhr fällt uns nicht schwer, nicht einmal Max. Wir gehen vom Campingplatz über die Straße zum Meer und warten zwischen den roten Dünen und dem Meer beim Rockpool auf die Sonne, die sich noch hinter den Wolken ziert. Erst als ich beschließe, nicht mehr mit der Kamera im Anschlag auf ihr Erscheinen zu warten, sondern wild und unentschlossen beginne, im erstaunlich warmen Rockpool meine Bahnen zu ziehen, taucht sie auf und nötigt Max seine höchsten Fotokünste ab: Frau beim Schwimmen unter aufgehender Sonne an sonnenbeschienenen Felsen neben glattem seichten tiefblauem Pool. Ich gebe zu: nicht einmal ich hätte all das auf ein Foto gebracht. Das erklärt dann wohl auch, warum es gar so viele geworden sind. Es ist einfach eine Traumgegend, wie wir auf der Fahrt entlang der Küste zurück Richtung Sydney und dann nach Westen in die Blue Mountains feststellen. Dee Why, Curl Curl, Freshwater, Avalon, Palm Beach, Collaroy – die roten Sandstrände mit reichlich Palmen und Norfolk Pines, Rockpools und netten Cafés nötigen mir ein weiteres Versprechen ab: das nächste Mal nehme ich mir mehr Zeit, insbesondere für Dee Why.

Beim erneuten Stau durch Sydney bestätigt sich eine der Erkenntnisse, die wir in den letzten Wochen hatten und die in die Kategorie „99 Dinge, die ich über Sydney vergessen hatte“ fallen: Sydney hat einen Mörderverkehr, ist gleichzeitig aber auch nicht auf Radfahrer ausgerichtet. Und alle Strecken können nicht mal die Sydneysider mit dem Surfboard oder dem Skateboard zurücklegen.

Nach ein paar Stunden Fahrt – kleine Pause bei „Red Rooster“, dem hiesigen Pendant zu „Kentucky Fried Chicken, nur viel besser inbegriffen – kommen wir in den Blue Mountains an. Wir spazieren durch den Ort Leura, der entzückendes britisches Flair verbreitet und noch immer die „Bench for bored husbands“ aufweist, auf der wir schon vor 4,5 Jahren ein Foto von Max gemacht haben. Auch das Café nebenan ist immer noch nett, der White Choc Cheesecake mit gemischten Beeren und die Iced Chocolate sind genau das Richtige für einen Tag wie diesen.

Es zeichnet sich ab, dass hier eine weitere Schuld bzw. ein weiteres Versprechen eingelöst werden kann. Denn 2008 waren wir hier bei mickrigen 5 Grad und strömendem Regen und dem ärgsten Nebel meines Lebens unterwegs und naturgemäß schwer enttäuscht. Die Bekanntschaft mit den drei Schwestern, den markanten Felsformationen, für die diese Region so berühmt ist, konnten wir damals nicht machen. Wir durften aber am eigenen Leib erfahren, wie nass man wird, wenn man nur mal eben vom Camper zu den Waschräumen will. Heute ist alles anders: insbesondere ein Temperaturunterschied um ganze 30 Grad kann mich begeistern, aber auch die klare Sicht auf die „Three Sisters“ und der Blick über das endlose Buschland sind traumhaft. So sitzen wir dann stundenlang (ja, wörtlich, denn der Meister hat sich in der geschätzten Zeit des Sonnenuntergangs verrecherchiert) in der brütenden Spätnachmittagshitze und sehen dem blauen Wunder zu, wie es langsam schlafen geht.

 
 
 

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