Jetzt haben wir also den textilen Salat: ich bin nicht nur ein Seifenjunkie (keine Plastikform, die vor mir sicher ist) und ein Papierjunkie (kein Schnipsel, der nicht Dutzende Ideen zutage fördert), sondern nun auch bekennender und praktizierender Stoffjunkie. Natürlich nur ganz harmloser Stoff, blau gemustert, zarte Grüntöne oder auch schwarz-weiß. Wie das einfache Bedürfnis, sich doch mit der Überwindung des frühkindlichen Nähtraumas neue kreative Möglichkeiten zu erschließen, ausarten kann, weiß ich seit Freitag.
Ich nahm mir frei, um einen der letzten Hochsommertage außerhalb der Sauna meines Büros zu genießen eine Freundin am Naschmarkt zu treffen und, wenn schon in der Gegend, auch einmal diverse Stoffgeschäfte zwischen Mariahilferstraße und Neubaugasse zu erkunden. Mit dem Fahrrad. Und 2 Schlössern – nach den drei Fahrraddiebstählen der letzten Monate in unserem Haushalt die einzige Möglichkeit, um das Fahrrad mit einigermaßen ruhigem Gewissen in der Stadt abzustellen und mit Muße einkaufen zu gehen. Leichtsinnigerweise hatte ich auf die Packtaschen verzichtet (könnte ja jemand klauen, werde ich außerdem heute ohnehin nicht brauchen) und war nur mit dem Körbchen vorne unterwegs. Während es bei Komolka noch glimpflich abging (ein paar Futterstoffe, nachgekaufter Newspaper Print-Stoff), wurde es bei Herzilein Wien schon schwieriger, denn facebook-Fans bekamen am Freitag 20 Prozent Rabatt auf alle Stoffe, die allerdings eher verspielt sind. Danach war das Körbchen schon prallvoll. Doch dann wollte ich erstmals auch in den neu eröffneten Stoffsalon schauen. Und das führte dazu, dass ich schließlich noch eine Riesentüte cooler Stoffe vom Lenker hängend nach Hause balancieren musste. Denn die liebe Alex Rath überzeugte mich nicht nur mit ihren fantastischen Stoffen aus fast aller Welt, wie geschaffen für eine Globetrotterin wie mich (und natürlich farblich super aufeinander abgestimmt) und kompetenter Beratung sowie der netten Auslage ihres Shops. Denn irgendwie ergab es sich, dass wir ins Plaudern kamen und ich nach 1 Stunde schließlich mit dem Gefühl aufs Fahrrad stieg, mich in kürzester Zeit mal wieder richtig gut über 100 Themen (oder waren es mehr?) unterhalten zu haben. Dass sie dabei auch meine permanente Sehnsucht nach Australien geschürt hat, war nur ein angenehmer Nebeneffekt.
Dermaßen berauscht von der Kapazität meines Körbchens (zumindest wenn man die Handtasche am Körper trägt und praktischerweise hinter sich quasi als Sozius auf dem Sattel oder dem Gepäckträger parkt), wurde auch der Samstag ein ähnlicher Shopping-Erfolg. Und dafür konnte ich noch nicht einmal etwas!
Denn der liebe Max überredete mich zuerst, zum Yppenmarkt frühstücken zu fahren. Im hochsommerlichen, frühmorgendlichen Halbschatten der riesigen Bäume am Yppenplatz kamen richtige Urlaubsgefühle auf: Griechenland? Türkei? Das Halloumi-Omelette hätte überall hingepasst….
Dann hatte er die spontate Idee, mir seine neueste (vielleicht auch seine erste) Errungenschaft in Sachen Shopping zu zeigen. Wir radelten zum Westbahnhof. Dort hatte er die beste Zeitschriftenhandlung Österreichs entdeckt, meinte er. Und da kann ich ihm nur recht geben. Das endete damit, dass wir gemeinsam in den Abteilungen "Living", "Kochen", "Handarbeiten" und "Reisen" sowie "Reisemobile" großräumig zuschlugen. Die Ausbeute füllte das ganze Körbchen, war schließlich aber so schwer, dass wir einen Teil davon anderweitig transportieren mussten.
Plötzlich bekamen auch die Badetücher einen Sinn, die wir angesichts des hochsommerlichen Wetters schon den ganzen Tag auf den Rädern spazieren führten. Denn angesichts all der verlockenden Literatur stand uns der Sinn nach einer Badepause an der Alten Donau, der ich ohne Lesestoff nicht viel hätte abgewinnen können. Während wir uns durch Mango-Brombeer-Salate, Wohnmobildetails, London-Tipps, Martha Stewart-Wohntipps, französischem Schokoladensoufflé, Muscheldeko und Patchwork-Anleitungen (okay, Letzere nur ich) arbeiteten, zeigten sich erste Anzeichen eines Gewitters. Selbiges gab uns ein paar Stunden später Gelegenheit, das große Ausmisten inklusive großer "Energiebeschaffung" zuhause fortzusetzen und mir erste Gedanken über die Verwertung der herrlichen Stoffe zu machen.
Am Sonntag war es soweit: Sonne hin oder her, ich wollte noch schnell die Zeit nutzen, ehe meine Mama auf große Wandertour geht und mich mit der bei mir noch etwas fremdelnden Nähmaschine alleine zurücklässt. Als echter Stoffjunkie hatte ich im Stoffsalon auch einige farblich passende Stoffreste erworben (im Potentialerkennen bin ich bekanntlich ja sehr gut, insbesondere wenn es um Dinge geht, die andere, wie etwa der liebe Max, schon lange in die Kategorie "Abfall" eingeordnet haben). Und so entstand am Sonntag gleich das Gerüst für eine Art Patchwork-Tasche (ab wann ist Patchwork eigentlich Patchwork?) und wenn ich nicht so lange Blog schreiben würde, wäre meine Übersetzungsarbeit schneller fertig und ich könnte Mutterns letzten Tag in Wien noch ein paar Stunden mit Nähbelästigungen "aufhellen". Denn ich kann es gar nicht erwarten, das gute Stück Patchwork-Tasche im fertigen Zustand zu sehen! Was ich dazu tragen werde, weiß ich auch schon genau, und ob das Wetter dann mitspielt, ist mir jetzt schon egal. Jetzt kann eigentlich nichts mehr schiefgehen, außer… (denn dass ich gestern schon so müde war, dass ich eine Handy-Tasche im ersten Anlauf mit der Öffnung nach unten aufgenäht habe, braucht ja niemand zu wissen)