Oder: Der erste Sarong mit Anleitungs-DVD und Bauanleitung auf Papier
Erfolgsmeldung aus Dubai! Habe nach nur 2 Tagen bereits den perfekten Lebensrhythmus gefunden: sehr lange am Strand liegen und der Zeit beim Vergehen zusehen, sehr lange und sehr selbstbeherrscht in einer der Shopping Malls abkühlen, sehr gemütlich arabisch essen, sehr gut schlafen. Unbedingt nachmachen!!
Konkret sah das heute so aus, dass wir uns mit dem Taxi in den Jumeirah Beach Park chauffieren lassen und uns dort – nach einigen Stunden mit einem internationalen aber dennoch ausgeprägten Lignano-Charakter – unter das sonnenbadende Volk aus aller Herren Länder mischen. So kommt es, dass wir eine kleine Einführung die aktuelle Bademode von Burkini, Eiger Nordwand-Ganzkörperglanzanzug bis hin zu russischen String Tangas erhielten. Dazu auch Sprachunterricht der 2 Meter neben uns angesiedelten hochbritischen Familie bestehend aus Mutter, 2 Töchtern und Schwiegermutter. Während die Mutter ihren Töchtern im Sekundentakt Befehle zuwirft, werde ich ein wenig weitergebildet. Bethany, die jüngere Tochter, will von Megan, der älteren Schwester ein bisschen Arabisch lernen. Diese denkt lange nach, während die Mutter weiterhin britische Kommandos und Kommentare von "Bethany, you can't do this", als die Tochter ihr Handtuch falsch ausbreitet, "Megan, we don't do this to our neighbours", als die Tochter mein Buch besandet, "Oh, how lovely", als die Schwiegermutter ihre Liege in eine neue Position gebracht hat, im luftleeren Raum verteilt. Dann gesteht Megan, dass sie von ihrem arabischen Freund eigentlich nur 3 Sätze gelernt hat. Die kleine Schwester wird ungeduldig. Endlich unterrichtet uns Megan. "Listen carefully", sagt sie zu uns und allen anderen in einem Umkreis von 10 Metern mit Ausnahme ihrer Mutter, die unbeeindruckt weiter Kommandos ausgibt. "Listen. I can teach you three phrases". Die Anspannung steigt ins Unermessliche. "Hello. I love you. How are you?" In dieser Reihenfolge lernen wir drei monumentale arabische Phrasen und üben diese ca. 50 Mal. Jetzt bin ich klüger – und unterhalten wurde ich auch gut.
Unterhaltsam, zumindest im Nachhinein, war auch das Duschen im Jumeirah Beach Park, der übrigens gestern nur für Frauen und Mädchen sowie Buben bis 4 Jahre geöffnet war, weshalb wir vor geschlossenen Türen standen und mit Hilfe einer weiteren Taxifahrt auf den öffentlichen Strand mussten.
Heute aber dürfen auch Männer in den Park. Und da wir nach einigen Stunden in einer Panier aus Sonnenöl und feinstem Sand stecken und so keinesfalls ins Gewand und unter die Menschen wollen, suchen wir eine Dusche. Vorzugsweise eine, in der man sich komplett entsanden kann – und da finde ich es enorm praktisch, wenn man sich auch komplett entkleiden kann. Bei den Damenumkleideräumlichkeiten finde ich sogar zwei Nasszellen. Das beschreibt es eigentlich ganz gut. Der Boden ist sehr nass, sehr sandig und irgendwo muss auch Wasser herkommen, denn großräumig verteilt sich in der Umkleide sandiger Gatsch. Ich zwänge mich also in Badegewand, mit Straßengewand, Rucksack, Handtasche und Turnschuhen in die Zelle und entkleide mich frohen Mutes – Wasser und ergo Rettung vor dem sandigen Dauerpeeling ist nicht weit. Auf den einzigen fragilen Haken hänge ich alle meine Habseligkeiten, die Schuhe stelle ich vor der Nasszellentür ab. Doch der hoffnungsfrohe Griff zum Wasserhahn zaubert kein Wasser, sondern lediglich Fragezeichen in mein Gesicht. Denn alles was nass wird, sind meine Schienbeine und Zehen. Denn die Dusche ist eine reine (eigentlich eher sehr unreine) Fussdusche mit einem in 2 Meter Höhe angebrachten Duschkopf, der wohl noch nie Wasser gegeben hat. Da ich aber nun schon auf Komplettdusche eingestellt bin und es in dieser Zelle an die 50 Grad haben muss und ich nun auch sehr schwitze, bleibt nur eine Möglichkeit: mich unter dem in 40 cm Höhe angebrachten Hahn zu duschen. Dem Pilates-Training sei Dank. Die Verrenkungen gehen ohne gröbere Wirbeleinbußen ab. Wie ein Hund krieche ich in der maximal 60×60 cm großen Duschtasche mit 2 cm dickem Sandbelag herum, versuche unter Schweißausbrüchen und dümmlichem Gekichere bei der Vorstellung, was eine versteckte Kamera gerade zu Gesicht bekäme, mich vom Sand zu befreien. Wer schon mal versucht hat, Sand unter den Achseln unter einer Fußdusche abzuwaschen, weiß, wovon ich spreche. Auch der vordere Hals ist eine sehr interessante Stelle für derlei Reinigungsversuche! Kniekehlen geben auch was her, aber da geht mir langsam die Geduld aus und ich mache mich schließlich mit sandigen Kniekehlen auf den Weg. Wobei ich kurz überlege, mir im Shop Sandspielzeug, genau genommen einen Eimer zu besorgen, um mich mit dessen Hilfe mit Wasser übergießen zu können. Aber ich will ja mal nicht pingelig sein, ein bisschen Peeling hat noch keinem geschadet. Glaube ich jedenfalls. Und mache mich mit einem weniger erfolgreichen Max auf den Weg. Zu seiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass er den restlichen Tag nicht primär wegen seiner Ungelenkigkeit sandig zubringen muss, sondern weil es bei den Herren gar keinen Wasserhahn gab.
Und weitere geschlechtsspezifische Beobachtungen mache ich auch. Dass sich Frauen etwa in der Metro generell neben Frauen setzen, wusste ich schon. Aber auch auf den abras, den Wassertaxis, werden Frauen vom Fahrer neben Frauen gesetzt, und wenn das nicht geht, muss eine Handtasche zwischen Mann und Frau platziert werden.
Außerdem gibt es hier hübsche Taxis mit pinkfarbenem Dach. Das sind die so genannten Ladies Taxi, in denen Frauen am Steuer sitzen. Warum sie uns als Pärchen auch chauffiert haben, weiß ich allerdings nicht. Süß sind jedenfalls auch die Mützchen der Fahrerinnen: richtig pink!
Bei der heutigen Abkühleinheit steht diesmal das Ibn Battatu Shopping Center auf dem Spielplan. In diesem sehr ausgestorbenen, weil auch etwas abgelegenen, aber wunderhübschen Einkaufszentrum benannt nach einem Seefahrer, der innerhalb von 28 Jahren in Persien, China, Andalusien, Ägypten und einigen anderen Ländern war, in deren Stil das Einkaufszentrum gestaltet ist, entdecke ich das nächste Utensil für Wohnmobil oder nächste Auszeit. Den perfekten Sarong mit mindestens 20 Methoden, ihn als Rock, Röckchen, Strandkleid, Abendkleid oder Schürzenkleid zu tragen. 100% angebliche Seide greifen sich auch wirklich super an. Das Verkaufsargument der bemühten Verkäuferin, die eifrig zugange ist, mich in allen möglichen Variationen in ein türkises Modell einzuwickeln, was mich sehr an Kindergeburtstage und das zugehörige Mumien-Einwickelspiel mit Klopapier erinnert: "It comes with a DVD and a brochure!" Die Broschüre ist ein A5-Zettel mit Zeichnungen der möglichen Bindetechniken und die DVD soll genaue Anleitungen dazu enthalten. Ich finde das sehr lustig und rüste meine Kollektion wunderschöner Dinge für den Fall der Wohnmobil-Auszeit-Fälle nach dem genialen faltbaren Wäschekorb nun mit einem genialen Sarong mit eigener DVD auf. Wenn das kein Anfang ist!
Weiterer lebenswichtiger Instinkt: Buchkauf. Im lang gesuchten Magrudy's Bookstore entdecke ich ein arabisches Dessert-Kochbuch, das in einer Zeitschrift empfohlen wurde, aber auf amazon nicht erhältlich ist. Und hier, weil der Laden aufgelassen wird, gleich um 25% reduziert ist. It's my lucky day – oder zumindest einer meiner lucky days…
Dennoch bleibe ich kühlen Kopfes: den Tantenwahnsinn behalte ich nämlich souverän im Griff, dabei wäre die Versuchung in einem der unzähligen Kinderbekleidungsläden riesengroß. Sooo viele entzückende, kreative, witzige, hübsche, coole T-Shirts und Kleidungsstücke für Kinder gibt es, glaube ich, nirgendwo anders auf der Welt. Ob das daran liegt, dass die Kinder nur gerade mal 12-13 Jahre Zeit haben, um modische Vorlieben zu entwickeln und auszuleben, ehe sie hinter Abayas, Burkas und ähnlichen Verhüllungen verschwinden müssen?
Danach kommt The Walk, die Zweite und mindestens ebenso gute an die Reihe. Ein Besuch des "Walk bei der Jumeirah Beach Residence" in einem bereits gestern ausspionierten arabischen Lokal namens Sarai, in dem wir das kleine arabische Kücheneinmaleins bei Baba Ganoush, Hummus Mohammara, Tabbouleh, Maajouka und Karabige Halab Maa Natef fortsetzen. Es ist nach dem Kebabji von gestern nun schon die zweite sehr beglückende kulinarische Erfahrung – etwas, was man von den hiesigen nicht-westlichen Supermärkten nicht gerade behaupten kann.
Mit dem Baba Ganoush lerne ich heute Abend ein weiteres Melanzani-Gericht kennen: noch 248 und ich bin heiratswürdig,denn damit hier eine Frau heiratswürdig ist, muss sie angeblich 250 Melanzani-Gerichte beherrschen! (Kann sein, dass es auch nur 100 Melanzani-Gerichte waren – aber auch das finde ich eine ermutigende Aussicht für nicht-heiratsfreudige Frauen!)
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P.S. Die vielen entzückenden pinken Kamele bleiben übrigens allesamt ungekauft, also zumindest von mir! |
wieder mal eine sehr schöne,lustige, interessante Morgenlektüre! Ich konnte mir bildlich deine Duschverrenkungen vorstellen. Wie lange seid seid ihr noch da?