Das Lyrik-Orchester spielt: Kippbilder

Ulrike Ebert
 
kippbilder
 
wer stickt
in meinem garten
hohlsaum in das blatt
 
schneidet
mustergültig
entlang der adern
 
der neue schoss schon
zu eselsohren
geknickt
 
beizeiten
diese irreführung
lebenslinien
 
verlaufen sich


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Ulrike Ebert
 
kippbild II
 
auf einen wink
 
hinabsinken würde ich
zu den verwaschenen farben
festgehalten von seinem algenhaar
den palast seine schwankenden wände
mit perlmutt und schaumkoralle schmücken mich
im leben stehen mit beiden beinen zusammengewachsen
 

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Andrea Farthofer

KIPPBILDER

da fahren die optimisten
schaukeln in ihren viel zu kleinen kisten
unter unförmigem segel, winzig klein
über das der wind
sich ins fäustchen lacht

schräglage
schiefe optik
des lebens

der blaue himmel
luvseitig schwarz
die ruhige see
wild
der neue tag
plötzlich alt

sturmwarnung aus heiterem himmel
die schwimmweste anlegen

trotzdem
weit und breit
kein land
für uns
in sicht

 
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Barbara Hafner
Behaglich streckt er sich auf seinem Sessel aus, während das Feuer knistert, die Jahresringe zerknacken, die Uhr tickt, die Lider schwer werden.Über dem Kamin die Sammlung feinster chinesischer Vasen glasiert mit lebendigen Fischformen, das Überbleibsel einer unternehmerischen Sackgasse des Großvaters.
Er liebt die geschrumpfte Zeit und die kleinen Stunden der Nacht, eingezwängt zwischen Glockenschlägen, sitzt liegend, nie ganz schlafend, nie ganz wach. Erst der Morgenchor der vorbeifahrenden Fuhrwerke entspannt ihn für einen erholsamen Tiefschlaf.
 
So oft schon lag er auf diese Weise in der Dämmerung, dass er selbst überrascht ist als sich seine Muskel anspannen und er hellwach auf die mittlere Vase starrt. Er kennt sie seit Kindertagen und den Reigen ihrer Delphine. Doch heute sieht er ein anderes Bild, erhebt sich, geht näher, berührt das Porzellan. Wurde das Gefäss vertauscht oder umgedreht? Er findet die Delphine nicht, dafür zwei nackte Gestalten in Umarmung und zum Kuss bereit.
'Méssage d'amour des dauphins' Das angehängte Etikett ist verblichen aber immer noch das gleiche und der Sinn plötzlich ganz klar. Er kennt keine Kippbilder aber es kommen ihm einige bisher unverständliche Bemerkungen seines Großvaters taghell ins Gedächtnis.  


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Bernd Requardt

Welches Auge

      
tauben fliehen die augen der hexe
liebende greifen zum pokal
der bärtige träumt einen totenkopf
 
die tauben werden katzen
der tote macht dem pärchen platz
der bärtige schnappt weg
hervor tritt eine schöne nackte          
 
hinter grobheiten das zarte
und das hässliche hinter dem schönen
mit welchem auge seh ich richtig ?
 
die liebenswerte fährt krallen aus
und seine ängste bedeckt der schnösel
mit dreckigen witzen

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Rita Stitz
 
kippbilder

zeitweise denke ich noch immer deine bilder in mir werden blasser über
die jahre rot in blau in grau verwandeln nur manchmal meinen tagtraum
beherrschen sich in nachtgedanken drängen die bilder von gestern und
morgen an klarheit verlieren verschwimmen versinken wiederkommen  


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