Ja, Ihr habt richtig gelesen! Ich komme langsam in Hochzeitslaune. War schon Zeit, höre ich manche zustimmend denken. Was, echt?, höre ich die anderen ungläubig fragen. Aber ja doch: so richtig mit hübschem Kleid mit Fichou-Ausschnitt (oder doch lieber Rückenkorsett?), Swarowski-Kristallbesatz, Curlies in den Haaren (oder doch die zarten Federn auf dem Haarreif?), perlenbesticktem Handtäschlein und rosenbesetztem Gürtel. Seit Tagen wäge ich ab, überlege ich, besetze geistig Kopfschmuck mit Kristallen, Röschen und Edelsteinen, lassen den Ausschnitt mal vorne, mal hinten länger werden, spiele mit Taft und Tüll, Seide und Satin, lerne neue Farben wie Kaffee, Nougat und Königsblau kennen. Wobei: Nougat hätte schon was… Spiele mit der Länge des Kleids und der Größe der Handtasche (ein nicht zu unterschätzendes Element, sollte Braut schnell mal flüchten wollen, das aber Handgepäcksgröße keinesfalls überschreiten darf).
Wer hätte das gedacht? Gerade von mir, der Vorreiterin in Sachen Freiheit, der zu zweit reisen manchmal schon wie eine Gruppenreise vorkommt und die zwei bis drei weitere Kunden beim Bäcker bereits als Menschenauflauf ansieht. Die nur darauf wartet, aufzubrechen zu neuen Ufern.
Aber ist Heiraten nicht auch ein neues Ufer? Ein sehr neues? Vielleicht nicht so viele Sprachbarrieren und Kulturunterschiede – oder zumindest keine, mit denen nicht aufgrund langjähriger Erfahrung mit dem Liebsten ohnehin zu rechnen war, wenn man nicht ein absolut unbelehrbarer Optimist ist. Und ich bin zwar unbelehrbar und optimistisch, aber nicht in dieser Kombination!
Noch schwanke ich zwischen Achberger und Ian Stuart, zwischen Ugo Zaldi, Gemy Couture, Veromia, Garamaj of Sweden und Touch of Glamour. Aber wenn schon, dann richtig Glamour mit allem Pipapo, jawohl! Dann die große Tour, die richtig große. Natürlich auch mit entsprechend großem Büffet (vor meinem geistigen Auge erscheint ohne viel Zutun meinerseits jenes vom Büffet des Hotel Bellagio in Las Vegas und insbesondere die Dessertabteilung mit den köstlichsten Himbeermousse-Schokomousse-Schokobiskuit-Himbeergelee-Schnitten meines Lebens, das in punkto Qualität und Auswahl durchaus eines solch großen Schrittes würdig wäre) und entsprechend großer Hochzeitsreise – 6 Monate erschienen mir angebracht, um mir noch mal in aller Ruhe zu überlegen, ob die Entscheidung eventuell doch ein ganz kein wenig überhastet war.
Vielleicht sollte ich vorab auch nach Essen fahren, zur größten Brautmodenschau Europas – und natürlich auch, um mal zu sehen, ob ich wo auf "den letzten Bullen" treffe, der von meinem deutschen Lieblingsschauspieler Henning Baum gegeben wird und mich montags regelmäßig vor den Fernseher verbannt. Das hätte dann so richtig Sinn! Vielleicht könnte ich mir am Catwalk dann auch abschauen, wie man denn auf High Heels so richtig ladylike dahinschreitet – mehr als 5 Schritte ohne Knöchelbruch und zerrissenen Kleidsaum wären bereits ein Fortschritt für mich. Könnte mir abschauen, wie man Dutzende Menschen küsst, ohne Spuren an anderen oder am eigenen Makeup zu hinterlassen. Ja überhaupt: das Küssen könnte auch reizvoll sein, schließlich gehe ich davon aus, dass ich mir die Gäste selbst einlade und nicht wie anno dazumal zu einem legendären Nudelkuss kommen werde, als ich bei einer Weihnachtsfeier die Suppennudeln im Bart meines Chefs küssen musste.
Es ist also wieder mal passiert, was passieren musste. Wer mich kennt, weiß, dass ich bei längeren Übersetzungen gerne mal anfange, mich sehr, zu sehr mit dem Thema zu identifizieren. In meiner Horoskop-Übersetzungszeit sprach ich mit Vorliebe in Orakeln, als ich das Rosenbuch übersetzte, wuchsen in meinem Garten plötzlich magisch alte englische Rosen, die ich nach einigen Jahren und vielen Bluttropfen schließlich wieder entfernte. Das mag aber auch mit der Übersetzung des Feng Shui-Buchs zu tun gehabt haben – ich bin sicher, es hat mir von Rosen abgeraten und mich dafür einige Möbel verrücken lassen. Dann war da noch das Buch über die Engel, das aus mir nicht erfindlichem Grund als einziges keine merklichen Spuren in meinem Leben hinterlassen hat und nun eben der dicke Brautmodenkatalog. Ich kann nichts dafür – es macht mir so richtig Spaß, diese Übersetzung, und dass ich ein wenig abgleite in das Thema, wird man mir hoffentlich nachsehen. Also bitte noch kein Brautmutter- oder Brautjungfernkleid kaufen – und wenn schon, irgendwann in sehr ferner Zukunft mal, weiß ich ja jetzt die besten Designer für die MOB Dresses (Mother of the Bride)!
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