Es ist soweit. Noch immer. Ich muss alle nur erdenklichen Geschütze auffahren. Zitronen, knallig-gelb, alleine reichen bei weitem nicht aus, um meinen Winterblues bestehend aus einer bösen Erkältung, einer bösen Verstimmung und einer bösen Unlustigkeit zu vertreiben. Die neuesten Geschütze: Tulpen, genau genommen Valentinstagsabverkaufstulpen in knallgelb mit roten Streifen und – leider – plötzlich ebenso hängendem Kopf wie ich.
Dies macht aus meiner gestrigen AB-ZT (Antiblues-Zitronentechnik) sowie aus meiner Tischdeko im Handumdrehen eine AB-ZTT (Antiblues-Zitronentulpentechnik). Sehr hübsch, aber ob sie auch hilft, weiß ich noch nicht. Mit letzter Kraft habe ich dem Tisch mit zu wässrig geratener Karottensuppe in einem gelben Suppenteller noch einen weiteren Farbtupfer aufgesetzt und mir beim sinnlosen Fernsehen sinnloser Sendungen zugesehen und mich mit allerletzter Kraft davon abgehalten, den Kopf über meine Untätigkeit und Unlustigkeit zu schütteln, da selbiger bereits ohne Schütteln Schmerzen bereitet, die den Verdacht nahe legen, dass mir des Nachts ein Elefant über den Kopf getrampelt ist.
Habe eine eindeutige Meinung zu allerlei Arzneimitteln entwickelt. Ich hätte Testlutscher für das gängige und weniger gängige Sortiment an Halswehtabletten werden können, bin alle Hustensäfte diverser Baujahre in unserem Medizinschrank durch, der einer Apotheke wohl nicht um viel nachsteht, kann allen Hustensaftwerbungen entsprechende Gegenargumente hinwerfen – mit Gestik und nicht mit Worten, leider, denn keines der getesteten Mittel hat der Stimme zu mehr als drei Worten am Stück verholfen. Ich habe die Teeindustrie im In- und Ausland angekurbelt und erwogen, Milford- oder Teekanne-Aktien in größerem Umfang zu kaufen, wobei hierfür die umgekehrte Reihenfolge – zuerst Aktienkaufen, dann Teeindustrie ankurbeln – sinnvoll gewesen wäre. Habe ein halbes Buch gelesen, ohne zu wissen, was drinnen steht, meine Wochenpläne von Hawaiian Hula-Tanzen und anderen geselligen Unternehmungen traurig über den Haufen geworfen, ebenso traurig an die "Little Pearly Shells" und die "Lili'u'e" gedacht, die heute ohne mich getanzt wurden, mir unübersehbar und sehr ausgiebig leid getan und dabei (Stichwort: Multitasking für Kranke!) monumentale Erkenntnisse gewonnen, wie etwa jene, dass man zwischen 9 Uhr morgens und 18 Uhr unbedenklich schlafen könnte, weil einem im Fernsehen gewiss nichts entgeht, wenn man denn schlafen könnte, ohne in Hustenanfällen zu ersticken.
Habe den medizinischen Nostalgietrip mit Halswickeln und Inhalationen beschritten, mich dadurch aber weder gesünder noch jünger gefühlt, und habe es geschafft, erstmals seit langem in 48 Stunden keine einzige Idee zu generieren, keinen akuten Reisewunsch zu verspüren, keinen einzigen Punkt von meinen To-Do-Listen abzuarbeiten – ja nicht einmal einen hinzuzufügen! Letzteres gibt mir nun ernsthaft zu denken. Vielleicht kann ich das heute ja noch ändern. Notfalls eben mit dem Punkt: "Einen Punkt auf eine meiner To-Do-Listen setzen!"
Gute Besserung!