Wenn die Katze auf Dienstreise ist, kann es schon mal vorkommen, dass die Maus mit dem Auto in die Stadt fährt und sich die anderen Autofahrer wundern, weil sie die ganze Zeit aufzeigt wie die brave Schülerin, die sie nie war. Und das kam so: heute Morgen wollte ich zur Kosmetikmacherei fahren, um die Vorräte fürs Seifensieden ein wenig aufzustocken. Ich war gerade mit dem Fahrrad vom Brötchenholen gekommen und stand schon frisch geduscht und ausgehfertig in der Tür, als mir einfiel, dass ich die Brötchen ja für einen guten Zweck geholt hatte: das Frühstück. Da ich aber bereits – erstmals – im neuen Mantel dastand (endlich hat sich das Vorfreuen auf den Herbst gelohnt und das Wetter ist herbstmanteltauglich!), wollte ich mir schnell zwei Scheiben abschneiden. Scheinbar war das Großhirn mehr auf "Abschneiden" als auf "Brötchen" fixiert, denn flugs saß das neue, superscharfe Messer im Zeigefinger. Da ich nicht riskieren wollte, Blut sehen zu müssen, hielt ich den Finger einfach hoch und drückte fest auf die Wunde, den Blick hungrig aufs ungeschnittene Brötchen gerichtet. Als ich dann aber merkte, dass mir etwas in den Ärmel lief, konnte ich nicht umhin und musste mich mit der Frage befassen, wo wir denn Pflaster haben.
Natürlich: im neu eingerichteten Notfallsschränkchen! Wie gut, dass wir dieses endlich ordentlich bestückt haben! Dachte ich zumindest, bis ich feststellte, dass ich mit den darin befindlichen Tabletten wohl Selbstmord begehen könnte. Da ich das aber eigentlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhatte, suchte ich weiter nach den Pflastern. Ich wusste, dass ich mindestens 10 hierhin gelegt hatte. Panik, Wahnsinn: was hat Max mit ihnen wohl abgedichtet???
Schließlich fiel mir aber ein, dass ich in der Handtasche noch ein, zwei Pflaster haben könnte. Nun ist es aber gar nicht so leicht, mit hochgehaltenem Arm, dunkelrot rinnendem Finger und eingepackt in einen Mantel erfolgreich in der Handtasche zu kramen. Frauen können sich wohl gut vorstellen, wovon ich spreche. Die Pflaster, die ich schließlich hervorkramte, waren eigentlich zu schade, um verwendet zu werden, denn sie hatten schon Altertumswert. Nicht, dass sie noch Kindermotive hatten, aber viel fehlte nicht darauf. Ihrem Alter entsprechend ließen sie sich – nur unter Zuhilfenahme eines Messers, was leicht traumatisiert und mit nur einer Hand noch gefährlicher ist – nur sehr schwer aus der leicht vergilbten Verpackung lösen. Und so fuhr ich 30 Minuten später eben los. Mit hochgehaltener Hand mit zwei Pflastern und insbesondere hoch gestrecktem Finger, der jeden Lehrer in anderen Fahrzeugen wohl dazu einladen hätte können, mich aufzurufen.
Beim Parkplatzsuchen, ganze 30 Minuten übrigens, was für den 8. Bezirk eigentlich gar nicht sooo lange ist, hatte die Wunde aber Zeit genug gehabt, sich zu beruhigen – und ich auch. Umso mehr genoss ich den Einkauf in der Kosmetikmacherei, die übrigens hervorragend bestückt ist (und auch nach Deutschland liefert!) und höchst kompetent berät. Als Trost für meinen nun unbrauchbaren Finger wollte ich auch im CupCakes nach dem Rechten sehen. Das süße Café gehört meiner Freundin, die aber heute leider nicht da war. Also ließ ich mir zwei Cupcakes zum Trost für den unglücklichen Morgen einpacken. Sie waren übrigens ganz köstlich, sowohl die Himbeer-Kreation als auch insbesondere die Schoko-Amaretto-Variante! (Nein, habe beide nur angekostet, noch nicht aufgegessen.) *)
Dann entdeckte ich noch einen tollen Blumenladen, das Doll's, der auch Bücher und Accessoires für die Food Foto-affine Köchin bietet, und so fuhr ich dann, immer noch halb aufzeigend, weil ich mir einbildete, dass der Finger dann weniger weh tut, heim! Wie aufregend Wien doch sein kann!
Leider wurde fingerbedingt dann nichts aus dem ersten Schwimmtraining der Saison, aber es tat einfach zu sehr weh, und ich wollte auch keine haiattackengleiche Blutspuren im Becken ziehen. Stattdessen: eine Runde Radfahren (nur keine holprigen Wege bitte, aua!) und ein Versuch über ein neues Hobby (als ob ich zu wenig hätte): erste Nähversuche bei Muttern! Diesmal sollen es aber nicht wie in Jugendtagen ärmellose Nachthemden werden (zu Ärmeln hab ich es leider nie gebracht), sondern Applikationen für diverse, gute und hoffentlich auch hübschen Zwecke, wie sie der Food Foto-affinen Köchin zuhauf einfallen. Ich werde berichten! Nur soviel steht fest: es macht Riesenspaß! Wie ich dauerhaft zwischen Sport, Backen, Seifen, Stricken und Schlafen (äh, Arbeit war da ja auch noch, oder?) dafür Zeit finden soll, weiß ich nicht, aber ich betrachte das neue Hobby einfach mal als weiteren guten Grund, mich auf Herbst und Winter zu freuen! Das Konzept funktioniert bislang sehr gut, dass ich fast befürchte, dass ich vor Frühling und Sommer fürchten werde wie früher auf Herbst und Winter. Mit der Vorfreude auf meine neue Fleece-Jacke aus Sylt, eine neue Strickweste, meinen coolen Mantel und die bunten Gummistiefel aus Rügen bin ich herbsttechnisch bislang hervorragend gefahren, auch (oder vielleicht weil?) ich bislang noch kaum Gelegenheit hatte, diese zu tragen. Wenn sich diese neue Technik bewährt, werde ich sie mir patentieren lassen: als Antidepressionsmittel nach AndreaF. In diesem Sinn: schönen Herbst!
*) Das stimmt einige Stunden später natürlich nicht mehr. Vielmehr verhält es sich so, dass ich überlege, was ich denn zu schneiden versuchen könnte – vielleicht verletze ich mich noch einmal und habe noch einen Grund, mir ein Cupcake zu holen. Andererseits könnte ich auch einfach die Kosmetikmacherei-Zutaten rasch versieden, um möglichst schnell dort wieder hinzufahren, denn das CupCakes liegt ganz in der Nähe und ich würde damit drei Menschen glücklich machen: mich (gleich doppelt), das CupCakes und die Kosmetikmacherei. Und Flecken gibt das sicher auch weniger!
Danke! Was für eine super Herbstgeschichte. Großartig geschrieben!
Ich muss gestehen, ich habe herzlich gelacht, auch wenn die Sache sicher ziemlich schmerzhaft war. Hoffentlich hat der schöne, neue Mantel jetzt keine kriminalfallmäßigen Blutflecken… 😉