Bildungsoffensive gegen Reisefrust

Hawaii Two-O Reloaded Logo with palm tree and frangi
Donnerstag, 5. September 2019
Man kann mit kleineren und größeren Tiefs auf ganz unterschiedliche Art umgehen, und ich kenne schon viele davon: Versinken in einer Badewanne in einer Campingplatzhütte, Basteln bis zum Umfallen egal wo und seit heute auch die kleine Bildungsoffensive für zwischendurch.
Da Max und ich Stunden um Stunden im überlappenden Schichtbetrieb versuchen, unser Geld von airbnb zurückzubekommen und ein einigermaßen brauchbares und erschwingliches Apartment idealerweise mit Parkplatz und Early Check-in zu organisieren, ist das Reisegesicht wieder dem faltigen Wiener Etwas gewichen, das zuhause viel zu oft unter meinen Haaren hervorlugt. Weil ich mich bekanntermaßen nicht unterkriegen lasse, gehe ich frühmorgens mal an den Strand – nicht ohne nicht am Umweg dorthin eines der in Frage kommenden Apartmenthäuser zu besichtigen und mich über die hawaiianischen Airbnb-Umstände und Abschleppsitten für falsch geparkte Autos aufklären zu lassen.

Von 10-11 dann die erste Bildungseinheit: die kostenlose Hula-Stunde im Royal Hawaiian Center als nahezu einzige europäische Teilnehmerinnen unter 60 Japanerinnen. Pfuh, die Lehrerin geht in einem rasanten Tempo vor, bist du narrisch. Doch das ist noch zu toppen, wie ich um 12 Uhr bei meiner nächsten LErneinheit erfahre. Gut, dass ich mich vorher im neuen Foodcourt im RHC beim Panda Express gestärkt habe.

Sehr couragiert hatte ich mir nämlich eine der 25 Platzkarten für eine Ukulele-Stunde geholt. Auch hier außer einem noch ratloser agierenden amerikanischen Pärchen nur Japanerinnen. Und keine einzige davon hatte so wie ich noch nie eine Ukulele in der Hand. Auch hier ist das Tempo flott: Da werden auf die LEinwand schnell mal 10 Griffe projiziert und los gehts, wir spielen alle der Reihe nach durch, bald auch zu einem Lied. Das ist für Anfänger durchaus anspruchsvoll: zuerst muss man sich wie bei einem Bilderrätsel den nächsten Griff einprägen, dann muss man die viel zu großen Fingern auf den viel zu wenigen Saiten positionieren und hoffen, dass der Klang in etwa dem der anderen 24 Ukulelen ähnelt. Für Europäer erschwerend kommt dazu, dass nur für uns der erste Finger der Daumen ist. So versuche ich anfangs also brav, auf die C-Seite den ersten Finger zu legen, was sich rasch als unmöglich herausstellt. Bis mir einfällt, dass bei den Amis ja der Zeigefinger der erste ist – da geht das doch gleich wesentlich schmerzfreier.

Trotzdem: Bei den Liedern mache ich es dann wie einst in der Schule, als wir Unbegabteren alle nur Mundbewegungen gemacht haben, anstatt herzhaft mitzusingen. Hier lasse ich einfach jeden zweiten Griff aus, das gibt mir Zeit, mir die nächste Fingerkonstellation von der Leinwand abzuschauen und die Finger in die entsprechende Position zu bringen. Fazit: beste Freunde werden wir nicht, die abgespeckte Zwergerlgitarre und ich, auch wenn ich die Klänge noch so schön finde.

Doch es gibt keine Zeit zum Nachdenken: Ich schnappe mir ein Rad, fahre an zwei weiteren in Frage kommenden Apartmenthäusern vorbei und dann den schon bekannten Weg zu Ben Franklin Crafts. Beim Bastelgroßeinkauf der letzten Woche habe ich nämlich festgestellt, dass sie Kurzworkshops anbieten, so auch zum Harzgießen, was ich schon ewig lernen wollte. Doch die in Europa dafür erhältlichen Zweikomponentendingsbümser sind mühsam, gefährlich und selbst für abgeklärte Gemüter wie Max abschreckend. Hier gibt es „Resin“ aus der Tube, fließt wie Flüssigklebstoff und wird unter einer UV-Lampe ausgehärtet. Scherz am Rande, als die Trainerin zu mir (ich bin heute die einzige im Workshop, yeah!) sagt, dass man es notfalls auch in der Sonne aushärten lassen kann: Wenn ich in Wien im Winter in Bastelnot bin, muss ich mit dem Aushärten bis Mai warten…

Egal, die Garden Necklace, die heute entsteht, ist zwar sowas von nicht meins und erfreut mich doch unglaublich. Bleibt nur die Frage, wo ich in Wien genau dieses Gießharz bekommen könnte. Die Antwort kenne ich schon: nicht mal online, denn amazon zum Beispiel liefert dieses nicht nach Europa. Ich freue mich jedenfalls wie eine Schnee-, pfui, Sonnenkönigin und radle heim. Um dann, nach ein paar weiteren Mails in Sachen Apartmentsuche (noch schläft Max und ich habe Tagschicht), gehts noch an den Strand.

Eine EInlage habe ich noch zu liefern heute. Ich will mich an den Strand legen, ein bisschen lesen und hauptsächlich den Wellen zuhören. Doch am Weg über den Strand ereilt mich eine hereinflutende Welle, die bis zu den Waden reicht. Und mir klar macht; Heute ist der Tag der Tage. Jetzt bin ich schon eine Woche hier und war noch nicht richtig im Meer, weil das nämlich eines der größten Probleme des Strandreisenden ist. Wer schaut auf die Wertsachen? Dementsprechend pilgere ich den Strand entlang, mustere alle alleine herumsitzenden Frauen (sehr wenige) sehr genau, um mich dann neben einer gemütlich wirkenden Dame niederzulassen und sie kurz danach zu fragen, ob sie denn wohl auf meinen Rucksack schauen könnte. Gesagt, getan, ins Meer gelaufen, glücklich gewesen! Wow. Das beste Meer aller Zeiten, fragt mich nicht warum. Vielleicht weil ich es heute besonders notwendig habe. Als ich wieder an den Strand komme, fällt mir ein, dass ich keinen zweiten Bikini mithabe und dieser extrem langsam trocknet. Die Konsequenz: Eine der vielen Touristinnen, die 1 Stunde später nach Hause geht, hat einen sehr nassen Hosenboden und auch obenrum unansehnliche feuchte Stellen. Who cares? Duschen, Salatessen, Schichtwechselbesprechungs-Skype und mühsamst Fotos hochladen, um bloggen zu können, während der Wartezeit ein bisschen Hula üben und dann ab ins Bettchen! Alles wird gut.

Love Peace Aloha