Wien, Wien – nur du allein…

Ach wie schön ist Panama! So heißt nicht nur ein entzückendes Kinderbuch über das Fernweh, so lauten auch meine Gedanken manchmal, wenn mich der heimische Alltag nach 111 Tagen Sommer wieder zu übermannen versucht. Was hatte ich mich auf Wien gefreut, auf den Frühling und den Sommer in Wien. Genau vor 1 Woche sind wir zurückgekehrt; die bisherigen Höchsttemperatur war 6 Grad, das Maximum an Sonne ein halber Tag. Wobei es einem ein dermaßen langer Flug mit einigermaßen unnötigem langen Stopover ohnehin schon leichter macht, sich der neuen Destination mit offenem Herz zu nähern.

Trotzdem: Das Eingewöhnen ist schwer, wenn man plötzlich wieder Hundescheiße an den Schuhen kleben hat und die Nase nicht mehr selbstverständlich in die Sonne strecken kann – nicht nur wegen der fehlenden Sonne, sondern auch wegen der Gefahr des klebrigen Hundeglücks. A propos Hundeglück: letztens habe ich in einem fremden, fahrenden Auto einen kleinen Hund gesehen, der Little Max sein hätte können – jener Hund, in den ich mich in Perth unsterblich verliebt habe. Da saß ich dann im eigenen Auto und blickte sehnsüchtig dem davonfahrenden Little Max nach und fragte mich, ob ein Hund denn vielleicht wirklich das Richtige für mich wäre – und ich für ihn.

Kein Wunder bei dem Wetter, dass mir die Leute zuhause alle so mürrisch vorkommen. Auch dann oder besonders dann, wenn ich sie wie aus Australien gewohnt, einfach anquatsche oder in ein Gespräch verwickle. Das mögen wir Grantler scheinbar immer noch nicht so gerne. Da könnte ja jeder kommen und einem was Nettes sagen…

Aber das Leben in Wien hat auch Vorteile, ganz viele: In Anbetracht der Tatsache, dass ich noch immer in Linksverkehr denke und mich und andere damit in so manch gefährliche Lage bringe, ist es doppelt gut, dass Autofahrer in Wien gelegentlich doch anhalten, um den verwirrten, frierenden Menschen über die Straße gehen zu lassen, etwas, woran in Australien nicht zu denken ist. Doppelt denken muss ich hingegen beim Einfahren in den Kreisverkehr, wenn niemand sonst drin herumfährt. Denn das sollte man in Österreich besser gegen den Uhrzeigersinn tun!

Ein weiteres Highlight neben dem eigenen Bett und dem ganz wunderbar genial schmeckenden Wiener Hochquellleitungswasser: die Preise von eigentlich allem, was man so einkauft, ob Lebensmittel, Zeitschriften oder sonstigen Kleinigkeiten, die der Laune zuträglich sind. Alles ist unglaublich günstig hier, auch wenn ich den Preis nicht mehr mit 0,8 multiplizieren muss!

Alles ist aber auch sehr umständlich, denn statt mickrigen 5 T-Shirts ist die Auswahl jetzt wieder weitaus größer, und auch der Bedarf an gleichzeitig zu tragenden Klamotten (Socken, iiih!) ist bei diesen Temperaturen weitaus höher. Mit Gerätschaften wie Föhn und Glätteisen muss ich mich erst wieder anfreunden, die Alarmanlage geht vorsorglicherweise ohnehin nicht und erspart mir somit die Sorge von versehentlichen Fehlalarmen, aber auch Pürierstab, Mixer und Häcksler sind technische Errungenschaften, die ich, wie ich jetzt feststelle, in den 111 Tagen sehr vermisst habe.

Und dann wäre da noch das Backrohr, mein eigenes Backrohr, meine eigene Küche mit mehr als nur zwei Basisgewürzen, in der ich seit meiner Rückkehr schon so viele wunderbare Gerichte gekocht habe, nicht zuletzt, um die Reise auch kulinarisch aufzuarbeiten zu beginnen.

Auch die Entdeckung der eigenen Stadt hat etwas Verlockendes. Das "Einraum" am Yppenmarkt etwa mit 1200 gefalteten Origami-Kranichen kredenzt sehr gutes Frühstück und der Caterer "Henry" serviert am Bahnhof Wien Mitte wunderhübsche, günstige kleine Delikatessen in Bechern, ob süß oder pikant – und das bis 22 Uhr!

Wiedersehen mit Familie, Freunden und meiner "erweiterten Familie" im Women's Career Network tun ein Übriges, um das Ich-bin-gern-zurück-Gefühl zu verstärken. So oft, wie ich gestern Abend die Worte "Welcome back" und "Glad you are back" gehört habe, könnte man meinen, ich sei wer ganz Besonderer. Dieser Meinung sind ja scheinbar auch einige meiner Kunden, die sich höchst erfreut über meine Rückkehr gezeigt und mir gleich ein paar extradringende Aufträge zukommen lassen haben. Fehlt nur noch das passende Wetter, um diese Hochgefühle in die Welt tragen zu können und die Tage mit jeweils mindestens 48 sehr langen Stunden, um der nötigen Admin (Ersetzen all der vor der Reise kaputt gegangenen Geräte, Eliminieren von Ameisen, Lesen und Verstauen der neu importierten Bücher, Nähen von Kissen aus den neu importierten Stoffen, Sanieren der vom Winter versauten Terrasse, Indiegängebringen des im Winter verstaubten Mofas und vieles, vieles mehr, das nicht mal mehr auf eine A4-Seite passt) beizukommen.

 


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